Vor sechzehn Jahren startete Dacia in Europa. Der Plan bestand darin, günstige Autos anzubieten, die die wichtigsten Bedürfnisse der Käufer erfüllen. Das Rezept hat funktioniert. Nun bringt Dacia den Spring. Die Vorbestellungen in Frankreich beginnen im Juni, die ersten Auslieferungen an Privatkunden sind für den Frühherbst geplant. Wir haben das Elektroauto schon getestet.

Der Trend zu SUVs ist klar. Das wollen die Hersteller auch in Segmenten nutzen, die sich nicht unbedingt dafür eignen. So geriert sich der Dacia Spring trotz seiner nur 3,73 Meter Länge (bei 2,52 Meter Radstand) und einer Breite, die fast der Höhe entspricht (1,58 Meter Breite und 1,52 Meter Höhe), als kleiner Abenteurer.

Bei unserem Test fuhren wir die Business-Version, also das Modell für Firmenkunden und Carsharing-Dienste. Wie auf den Bildern erkennbar, sind diese Fahrzeuge recht schlicht. Privatkunden werden mehr Konfigurationsmöglichkeiten und eine größere Farbauswahl haben.

Innenraum

Zu den Grundsätzen der Marke Dacia gehört, auf alles Überflüssige zu verzichten, um die Preise niedrig zu halten. So gibt es im Interieur keinen Schnickschnack, auch wenn das Cockpit nicht ganz kahl ist. Es gibt alles, was man braucht, nur ist es je nach Ausstattungsniveau serienmäßig oder eben nicht.

Essai Dacia Spring (2021)

Unsere Testversion hatte eine Klimaanlage, sechs Airbags, elektrische Fensterheber, ein sehr einfaches, aber ausreichendes Infotainmentsystem inklusive Sieben-Zoll-Touchscreen mit Unterstützung von Apple CarPlay und Android Auto. Die Taste für die Sprachsteuerung am Lenkrad ruft Siri auf dem iPhone oder den Google Assistant auf Android herbei. In Sachen Konnektivität erlaubt die kostenlose "MyDacia"-App den Fernzugriff auf die Heizung, den Ladeprozess und den Standort des Autos.

Essai Dacia Spring (2021)
Essai Dacia Spring (2021)

Das Armaturenbrett erinnert an alte Dacias und nicht an die neuen, was ein bisschen schade ist, aber es ist auch keine Katastrophe. Der Low-Cost-Geist sorgt für harte Materialien und auf der Mittelkonsole platzierte Fensterheber-Knöpfe sowie ein einziges Wischerblatt. Das Fahrgefühl ist jedoch anständig, die Ergonomie erstklassig und es gibt genug Stauraum in Inneren.

Essai Dacia Spring (2021)
Essai Dacia Spring (2021)

Im Fond gibt es zwei wirklich nutzbare Sitze statt der üblichen drei, bei denen aber oft der mittlere diesen Namen kaum verdient. Für ein Auto mit unter vier Meter Länge ist der Platz im Fond ausreichend. Aber die Insassen hinten werden sich (genauso wie die vorne) über die harten Sitze beschweren.

Der Kofferraum hat ein ordentliches Fassungsvermögen von 270 Litern (nach VDA)-Norm, mit umgeklappten Rücksitzen sind es bis zu 620 Liter. Später soll eine "Cargo"-Version folgen, bei der die Rückbank zugunsten von mehr Kofferraum verschwindet.

Essai Dacia Spring (2021)
Essai Dacia Spring (2021)

Reichweite und Aufladen

Mit seiner kleinen 27,4-kWh-Batterie bietet der Dacia Spring 230 Kilometer Reichweite im kombinierten WLTP-Zyklus. Das liegt zwischen einem Renaut Twingo Electric (22 kWh und 190 Kilometer) und einem VW e-Up (36,8 kWh und 260 Kilometer). Das mag je nach Einsatzzweck ausreichen, zumal das Modell laut Dacia meist als Zweitwagen gekauft werden wird. Die Marke weist auch darauf hin, dass die durchschnittliche Fahrstrecke für ein Stadtauto in Europa gerade mal 31 Kilometer pro Tag beträgt.

Im reinen Stadtbetrieb klettert die Reichweite auf über 300 Kilometer. Was das Aufladen angeht, so sind die Ladezeiten wegen der kleinen Batterie nicht allzu lang. An der normalen Haushaltssteckdose dauert ein kompletter Ladevorgang 13,5 Stunden, an einer 7,4-kW-Wallbox aber bloß 4,5 Stunden und an der DC-Schnellladestation mit 30 kW sogar nur 1,5 Stunden.

Das Kabel für die Haushaltssteckdose wird serienmäßig mitgeliefert, während das für die Wallbox in Frankreich 250 Euro Aufpreis kostet. Für die Schnelllade-Fähigkeit werden zusätzlich 600 Euro fällig; dieses Extra ist nur für die Ausführung Confort Plus erhältlich.

Essai Dacia Spring (2021)

Plattform und Antrieb

Der Dacia Spring nutzt die Synergien innerhalb des Konzerns. So basiert er auf der CMF-A-Plattform des in China verkauften Renault K-ZE, die wiederum vom Renault Kwid abgeleitet ist, einem Verbrenner-Modell für Indien und Brasilien. Der Dacia Spring wird auch im gleichen chinesischen Werk produziert wie der K-ZE.

Mit seinen 33 kW (44 PS) und 125 Nm Drehmoment hat der Dacia Spring wenig mit den kleinen Modellen Citroën Ami und dem Renault Twizy gemein. Der Wagen fährt sich so, wie es die offiziellen Werte erwarten lassen: Für den Sprint auf 100 km/h sind laut Datenblatt 19,1 Sekunden nötig, die Höchstgeschwindigkeit beträgt 125 km/h und die Beschleunigung von 80 auf 120 km/h dauert ... 26,2 Sekunden.

Bildergalerie: Dacia Spring (2021, Bilder zum Test)

Fahreindrücke

Hoher Sitz, niedriges Lenkrad: Kein Zweifel, wir sind in einem Elektroauto der Renault-Gruppe. Offenbar aus Kostengründen sind eine Verstellung der Lenksäule und eine Sitzhöhenverstellung nicht verfügbar. Große Menschen haben es deshalb im Spring schwer, aber wenigstens haben wir das Lenkrad nicht im Schoß. Wie erwähnt, sind die Sitze sehr straff, doch Dacia versichert, dass die Verkaufsversionen weichere Sitze bekommen.

Die ersten Kilometer überraschen: Beim Sprint von 0 auf 50 km/h wirkt das Auto recht lebendig. Mit nur 970 Kilo im Leerzustand ist der Spring ja auch ein Federgewicht unter den Elektroautos. In der Stadt ist der Wendekreis von nur 9,60 Metern von Vorteil, außerdem die recht leichtgängige Lenkung, die nicht zu straffe Federung und die sehr gute Sicht.

Der Dacia Spring verfügt über einen Eco-Modus, mit dem die Reichweite um neun bis zehn Prozent steigt. Dafür wird die Motorleistung auf 23 kW (31 PS) und die Höchstgeschwindigkeit auf 100 km/h begrenzt. Das ist für unseren Geschmack etwas zu wenig, zumal die Testfahrt auch über Schnellstraßen führte. Unser Spring ist jedenfalls kein Held, wenn es um Geschwindigkeiten jenseits von 50 km/h geht.

Essai Dacia Spring (2021)

Auf Nebenstraßen weckt der Dacia Spring Erinnerungen an Autos von vor zwanzig Jahren: Er vermittelt ein sehr "direktes" Fahrgefühl. Bei hohem Tempo auf holprigen Straßen muss man wegen des Fahrwerks das Lenkrad mit beiden Händen festhalten und manchmal auch vom Gas gehen.

Die chinesischen Linglong-Reifen bieten einen eher durchschnittlichen Grip, was erfreulicherweise manchmal zu einem leicht verspielten Heck führt. Der Dacia Spring kann eine Menge Spaß machen, wenn man ihm ein wenig die Peitsche gibt. Das ist auch eine Folge der Positionierung von Motor und Batterie unter dem Rücksitz, wodurch der Spring einen niedrigeren Schwerpunkt hat als in dieser Klasse üblich.

Aber das wird wohl nicht der Hauptvorteil für die Kunden sein, die eher ein sicheres Auto suchen dürften. Gefährlich ist der Dacia Spring aber nicht, denn die Kraft des Motors zügelt jeden Adrenalinüberschuss. Auf kleinen Straßen würden wir den Spring aber als Spaßmacher bezeichnen. Weniger Spaß macht er auf der Autobahn, vor allem auf der linken Spur, wo er wie der Renault Twingo einen etwas zu großen Windwiderstand hat.

Dort verbraucht der Spring wie alle Elektroautos auch viel Energie. Wir haben rund 23 kWh/100 Kilometer bei 125 km/h gemessen, was die Reichweite auf rund 120 Kilometer verringert. Bei geringerem Tempo, in der Stadt und auf Nebenstraßen, zeigte der Bordcomputer etwa 13 kWh/100 km an, was mehr als 200 km Reichweite entspricht – ein fairer Wert.

Essai Dacia Spring (2021)

Jetzt zum wichtigsten Kapitel: der Preisgestaltung. Laut Dacia ist der Spring das günstigste  Elektroauto in Europa. In Frankreich beginnen die Preise bei 16.990 Euro vor Förderung, die Version Confort Plus kostet 18.490 Euro.

Die auf den Bildern gezeigte Business-Version wird in Frankreich ab März für Carsharing-Dienste verfügbar sein. Die französischen Preise dafür beginnen bei 16.890 Euro vor Förderung. Auch eine günstigere Version für Privatkäufer soll in Vorbereitung sein, wie uns Dacia mitteilte.

Fazit

Der Dacia Spring ist zwar nicht so wendig wie ein Renault Zoe oder gar ein Twingo Electric, aber er macht viel mehr Spaß beim Fahren und vor allem ist er deutlich günstiger. Wenn die Preise in Deutschland ähnlich wie in Frankreich sind, kostet der Wagen nach Förderung weniger als 8.000 Euro. Den Twizy gibt es erst ab 11.450 Euro, denn für ihn gibt es keinen Umweltbonus. Für den günstigsten Zoe zahlt man rund 20.000 Euro nach Förderung.

Der Spring ist ein hervorragender Zweitwagen, für kurze tägliche Fahrten und sogar ein wenig mehr. Wie er sich bei den Verkäufen schlagen wird, bleibt abzuwarten. Einen Dacia Sandero bekommt man ab rund 9.000 Euro. Damit ist er zwar etwas teurer als der Spring nach Förderung, aber er hat kein Reichweitenproblem und ist besser verarbeitet.

Vorteile Nachteile
Fahrspaß Ziemlich durchschnittliche Schalldämmung
Sehr ordentliche Serienausstattung Keine geteilte Rückbank
Unschlagbarer Preis Über 50 km/h wenig agil

Anmerkung des Übersetzers: Der französische Originalartikel wurde gekürzt und (vor allem in puncto Preise) an die Verhältnisse in Deutschland angepasst.

Dacia Spring

Motor Elektromotor (PSM)
Leistung 33 kW (44 PS)
Max. Drehmoment 125 Nm
Batterie 27 kWh (Lithium-Ionen-Akku)
Elektrische Reichweite 230 km (WLTP)
Ladeanschluss AC einphasig mit bis zu 6,6 kW, DC bis 30 kW (optional)
Aufladezeit AC 6,6 kW in 4,5 h, DC 30 KW in 1h30
Beschleunigung 0-100 km/h 19,1 Sek.
Höchstgeschwindigkeit 125 km/h
Länge 3,73 Meter
Breite 1,58 Meter
Höhe 1,52 Meter
Leergewicht 970 kg
Kofferraumvolumen 270-620 Liter
Anzahl der Sitze 4
Verbrauch 13,9 kWh/100 km
Marktstart 2021
Basispreis 16.990 Euro (in Frankreich)