Daimler will zum ersten Mal einen Elektromotor selbst produzieren, und zwar in seinem ältesten Werk in Berlin-Marienfelde. Das meldet nun Reuters unter Berufung auf den Autohersteller. Dort wurden bisher Sechszylinder-Dieselmotoren hergestellt. Den Mitarbeitern werden Umschulung angeboten.

Bei dem Motor handelt es sich um den Axialflussmotor, der vom britischen Startup Yasa entwickelt wurde, das Daimler Anfang 2021 übernommen hat. Der Axialflussmotor soll künftig in elektrischen AMG-Modellen zum Einsatz kommen, wie Daimler damals mitteilte.

Vorgesehen ist der neue Motor für die Autos auf Basis von AMG.EA, einer neuen Elektroauto-Plattform für sportliche Fahrzeuge, die ab 2025 auf den Markt kommen sollen.

Bei Axialflussmotoren verlaufen die Magnetflusslinien axial, also entlang der Achse des Rotors, nicht radial von innen nach außen wie im meistens eingesetzten Radialfluss-Elektromotor. Ein Axialflussmotor produziert meist mehr Drehmoment als ein Radialflussmotor, es ist aber oft auch mehr Permanentmagnet-Material nötig. In einem Interview mit Tech Crunch erklärte Yasa-Gründer Tim Woolmer die Entstehungsgeschichte und die Vorteile des Motors so:

"In den 2000er Jahren waren Axialflussmotoren nicht sehr verbreitet, aber durch die Kombination der Axialfluss-Technologie mit ein paar kleinen Änderungen durch neue Materialien bin ich sozusagen auf diese neue Konstruktionsweise gestoßen, die wir YASA nennen: Yokeless And Segmented Armature.

Wir verwendeten eine leichte Axialfluss-Topologie und machten sie sogar noch leichter, sie ist nochmal um die Hälfte leichter. Das hat den Vorteil, dass die Rotoren mit einem größeren Durchmesser rotieren. Drehmoment ist im Wesentlichen Kraft mal Durchmesser, das heißt bei gleicher Kraft erhält man mehr Drehmoment. Wenn man also den Durchmesser verdoppelt, erhält man das doppelte Drehmoment für die gleiche Menge an Material. Das ist der Vorteil des Axialflusses."

Angekündigt wurde der Motor wie gesagt für die wahrscheinlich ziemlich teuren AMG-Derivate der künftigen Elektroautos von Mercedes. Doch Woolmer sagte im Juli, Daimler habe Yasa angewiesen, die Kosten des Motors zu senken, damit er in der gesamten Elektrofahrzeug-Palette eingesetzt werden kann. Das könnte bedeuten, dass die Technologie in allen Modellen auf Basis der EA-Plattform verwendet wird, vielleicht sogar auch bei der kompakteren MMA-Plattform, die 2024 startet.

Wann die Produktion des Motors in Berlin beginnt, wurde nicht angegeben. Doch die Investitionen in das Werk sollen laut Daimler in den nächsten sechs Jahren auf einen niedrigen dreistelligen Millionenbetrag steigen. Das würde auf einen Start im Jahr 2027 hindeuten.