Auf der IAA 2017 stand erstmals der "Project One", doch erst jetzt ist der Supersportler serienreif. Der Grund: Die hochkomplexe Formel-1-Technik musste mit einer Straßenzulassung in Einklang gebracht werden.
Mit einem Verbrennungsmotor und vier Elektromotoren leistet der Hyper-Plug-in-Hybrid insgesamt 782 kW (1.063 PS), die Höchstgeschwindigkeit ist auf 352 km/h begrenzt. Die Umsetzung dieser äußerst komplexen Entwicklung erfolgte in enger Zusammenarbeit mit den Formel-1-Experten von Mercedes-AMG High Performance Powertrains in Brixworth.
Die technischen Highlights des One reichen vom Monocoque und der Karosserie aus Karbon über das Push-Rod-Chassis, die halbtragende Motor-/Getriebeeinheit und die aktive Aerodynamik. Zudem verfügt er über den variablen Allradantrieb AMG Performance 4MATIC+ mit Hybridantrieb an der Hinterachse, elektrischem Antrieb an der Vorderachse und mit Torque Vectoring.
Darüber hinaus kann der extreme AMG auch rein elektrisch fahren, jedoch nur gut 18 Kilometer weit. Der aufgeladene 1,6-Liter-V6 leistet 422 kW (574 PS) und dreht bis zu 11.000 U/min. Die Systemleistung aller Elektromotoren beträgt 450 kW (611 PS).
Der Antrieb des Mercedes-AMG Project ONE besteht aus einer hochintegrierten und intelligent vernetzten Einheit, die aus einem Hybrid-Turbo-Verbrennungsmotor und insgesamt vier Elektromotoren besteht: einer ist in den Turbolader integriert, ein weiterer ist direkt am Verbrennungsmotor implantiert und mit der Kurbelwelle verbunden, und die beiden letzten treiben die Vorderräder an.
Die Technologie des 1,6-Liter-V6-Hybrid-Benzinmotors mit elektrisch unterstützter Aufladung durch einen einzelnen Turbolader entspricht der des aktuellen Formel-1-Motors. Die vier obenliegenden Nockenwellen werden von Stirnrädern angetrieben. Die mechanischen Ventilfedern werden durch Luftfedern ersetzt, um eine höhere Drehzahl zu erreichen.
Der Motor, der zentral vor der Hinterachse eingebaut ist, dreht bis zu 11.000 U/min. Um die Haltbarkeit zu erhöhen und die Verwendung von handelsüblichem Super-Plus-Benzin zu ermöglichen, bleibt er jedoch bewusst unter der Drehzahlgrenze der F1.
Der Motor wird zudem bei hohen Drehzahlen durch einen Hightech-Turbolader angekurbelt. Die Abgasturbine und die Kompressorturbine sind mit Abstand zueinander positioniert und durch eine Welle miteinander verbunden. Dies ermöglicht eine tiefere Einbauposition des Turboladers. Die Welle beherbergt einen Elektromotor mit einer Leistung von rund 90 kW.
Elektronisch gesteuert treibt er die Welle des Turboladers direkt an und beschleunigt so das Verdichterrad auf bis zu 100.000 U/min, bevor der Abgasstrom die Arbeit übernimmt. Diese Einheit trägt die für die Formel 1-typische Bezeichnung "MGU-H" (Motor Generator Unit Heat).
Der elektrische Turbolader hat noch einen weiteren Vorteil: Er nutzt einen Teil der überschüssigen Energie, die durch den Abgasstrom erzeugt wird, um elektrische Energie wie eines Generators zu erzeugen und in der Lithium-Ionen-Hochspannungsbatterie zu speichern oder sie an die elektrische Vorderachse oder den Elektromotor (MGU-K = Motor Generator Unit Kinetic) am Verbrennungsmotor abzugeben.
Die MGU-K leistet 120 kW, ist direkt am Verbrennungsmotor positioniert und über ein Stirnradgetriebe mit der Kurbelwelle verbunden - eine Technologie, die auch hier für maximale Effizienz und Leistung in der Formel 1 steht.
Hinzu kommt ein sehr komplexes und effizientes Abgasreinigungssystem mit vier vorgeheizten Metallkatalysatoren, zwei Keramikkatalysatoren und zwei Benzinpartikelfiltern. Die vier Heizelemente mit einer Gesamtleistung von 16 kW sorgen dafür, dass die EU6-Emissionsgrenzwerte unter realen Fahrbedingungen (RDE) eingehalten werden. Das Abgasreinigungssystem ist zudem hinsichtlich des Gegendrucks optimiert, um Leistungsverluste zu vermeiden. Dasselbe gilt für den großen Endschalldämpfer aus leichtem Titan.
Die beiden Elektromotoren mit je 120 kW, die sich an der Vorderachse befinden, erreichen bis zu 50.000 Rotorumdrehungen pro Minute. Sie sind über zwei Getriebe mit den Vorderrädern verbunden. Die so rein elektrisch angetriebene Vorderachse arbeitet radselektiv und ermöglicht so eine individuelle Drehmomentverteilung für eine besonders hohe Fahrdynamik ("Torque Vectoring").
Dank der beiden Elektromotoren kann die Bremsenergie zudem zur Rekuperation genutzt werden (bis zu 80 Prozent im täglichen Fahrbetrieb). Sie wird dann in der Batterie gespeichert und bleibt verfügbar, um die elektrische Reichweite zu verlängern oder die Leistung zu verbessern. Jeder Elektromotor verfügt über ein eigenes leistungselektronisches Steuerungssystem, das sich immer in der Nähe des Fahrzeugbodens befindet.
Der Lithium-Ionen-Energiespeicher ist ebenfalls eine Spezialentwicklung von Mercedes-AMG. Seine Technologie findet sich auch in der Batterie des Mercedes-AMG GT 63 S E PERFORMANCE wieder.
Die Anordnung und Kühlung der Batteriezellen entspricht der des Mercedes-AMG Formel-1-Rennwagens. Im Mercedes-AMG Project ONE sind jedoch wesentlich mehr Zellen verbaut, um die Alltagstauglichkeit zu gewährleisten. Die Kapazität von 8,4 kWh reicht für eine rein elektrische Reichweite von 18,1 Kilometern. Das Aufladen erfolgt über Wechselstrom und das integrierte On-Board-Ladegerät mit 3,7 kW Leistung.
Außerdem kann die Batterie durch Rekuperation oder durch den Verbrennungsmotor mit neuer Energie versorgt werden. Die Hochvolt-Lithium-Ionen-Batterie und der DC/DC-Wandler zur Unterstützung und zum Laden des 12-V-Bordnetzes sind platzsparend im Fahrzeugboden hinter der Vorderachse untergebracht.
Die Grundlage für die hohe Leistungsfähigkeit der Batterie ist die innovative Direktkühlung : Eine Hightech-Kühlflüssigkeit umströmt alle Zellen und kühlt sie individuell. Das Kühlmittel zirkuliert mithilfe einer elektrischen Hochleistungspumpe von oben nach unten durch die gesamte Batterie, an jeder Zelle vorbei, und durchläuft dabei auch einen Wärmetauscher, der direkt auf der Batterie angebracht ist. Das System soll eine gleichmäßige Verteilung der Wärme in der Batterie gewährleisten.
So arbeitet die Batterie immer in einem Fenster mit einer optimalen und gleichmäßigen durchschnittlichen Betriebstemperatur von 45 Grad Celsius, unabhängig davon, wie oft sie geladen oder entladen wird. Es ist durchaus möglich, dass die Durchschnittstemperatur bei forcierter Fahrweise überschritten wird. Die Schutzmechanismen sind daher so eingestellt, dass sie das Maximum aus der Batterie herausholen können, um die Temperatur durch direkte Kühlung wieder zu senken.
Nur die direkte Kühlung ermöglicht die Verwendung von Zellen mit sehr hoher Leistungsdichte. Durch diese individuelle Lösung ist das Batteriesystem besonders leicht und kompakt. Das geringe Gewicht ist auch auf das materialsparende Stromschienenkonzept und den leichten, aber dennoch robusten kollisionssicheren Aufbau des Aluminiumgehäuses zurückzuführen. Sie gewährleistet ein Höchstmaß an Sicherheit.
Ein weiteres Merkmal ist die Hochspannung des Antriebssystems, das mit 800 Volt statt der üblichen 400 Volt betrieben wird, was beispielsweise den Querschnitt der Kabel deutlich reduziert und somit Gewicht und Platz spart.
Insgesamt bietet der Hochleistungs-Plug-in-Hybrid-Antriebsstrang eine Vielzahl intelligenter Betriebsstrategien, die so konzipiert sind, dass sie den unterschiedlichen Nutzungsarten bestmöglich gerecht werden. Die Fahrprogramme reichen vom reinen Elektrobetrieb bis hin zum ultradynamischen Modus (Strat 2), der einer Einstellung entspricht, die in der Formel 1 im Qualifying für die schnellsten Rundenzeiten verwendet wird.
Der Mercedes-AMG ONE startet zunächst geräuschlos mit dem Einschalten der Elektromotoren an der Vorderachse. Parallel dazu werden die Katalysatoren vorgeheizt. Der Verbrennungsmotor startet erst, wenn die richtige Temperatur des Katalysators erreicht ist.
Die Übertragung der Antriebskraft auf die Hinterräder erfolgt über ein völlig neues 7-Gang-Schaltgetriebe, das speziell für den Mercedes-AMG ONE entwickelt wurde. Die Türen öffnen sich schräg nach vorne und nach oben. Die Tankklappe befindet sich hinten rechts, der Anschluss zum Aufladen der Hybridbatterie hinten links.