Seien wir ehrlich: Von Ausnahmen wie Nio abgesehen, sind Wechselbatterien bei Elektroautos in Europa weitgehend vom Tisch. Aber vielleicht funktioniert das Konzept bei Lastern besser, wo eine geeignete Ladeinfrastruktur noch in den Kinderschuhen steckt? Das haben sich offenbar Fachleute aus drei Firmen gedacht und ein Pilotprojekt aufgesetzt.
Um die Vision eines Batterietausch für elektrifizierte Trailer (also Sattelauflieger) zu verwirklichen, kooperieren Trailer Dynamics aus Eschweiler (von denen der eTrailer kommt), DB Schenker (die Logistiksparte der Deutschen Bahn) und die Batteriefachleute von CATL.
Die Grundidee: Trailer Dynamics ersetzt eine der Achsen des Sattelaufliegers durch eine elektrische Antriebsachse mit zwei Elektromotoren. Diese unterstützt den Antrieb der Sattelzugmaschine, egal ob dieser aus einem Diesel besteht oder elektrisch ist. Der Zusatzantrieb im Trailer unterstützt den Primärantrieb, insbesondere beim Anfahren und bei Steigungen. Bleibt noch Energie übrig, wird die Zugmaschine permanent unterstützt. In Kombination mit einer batterieelektrischen Sattelzugmaschine soll sich die Reichweite so verdoppeln oder verdreifachen lassen.
Die Energie für den Antrieb der eAchse kommt aus einer im Trailer verbauten Batterie mit 187, 367 oder 551 kWh. Die Batterie hat eine Lithium-Eisenphosphat-Chemie (LFP), was eine lange Lebensdauer und hohe Sicherheit verspricht. Damit das Ganze funktioniert, ist zudem noch eine ausgeklügelte Antriebselektronik nötig. Dazu kombiniert Trailer Dynamics eine Echtzeitsteuerung mit einer cloudbasierten, prädiktiven Steuerung, bei der Wetter, Verkehr und Topografie in die Planung einbezogen werden.
Die Akkus der eTrailer lassen sich mit bis zu 350 kW Gleichstrom aufladen. Aber bei Speicherkapazitäten von bis zu 551 kWh dauert das mehrere Stunden – zu lang für die Mittagspause der Fahrerin oder des Fahrers. Die Alternative ist der Batterietausch, der ähnlich wie bei Nio nur etwa fünf Minuten dauern soll. Ein weiterer Vorteil wäre, dass man beim Tausch zwischen verschiedenen Batteriemodulen wählen könnte. So bräuchte der Laster nur die Akkugröße mitzuschleppen, die für den jeweiligen Einsatz wirklich nötig ist.
Auf der IAA Transportation will Trailer Dynamics nun einen eTrailer-Prototyp mit Wechselakku und ein Modell enthüllen. Die Batteriewechsel-Technologie habe das Potenzial, die Betriebszeit der Laster zu maximieren und die CO2-Emissionen in ganz Europa zu reduzieren, sagt Trailer-Dynamics-Chef Abdullah Jaber.
Schenker-Manager Wolfgang Janda stimmt ihm zu: "Die Batterietausch-Technologie wird eine entscheidende Rolle bei der Bewältigung der Herausforderungen im Bereich der Ladeinfrastruktur spielen und den Markthochlauf des emissionsfreien Schwerlastverkehrs speziell in Europa unterstützen."
CATL will seine Expertise in Sachen Batterien und Wechselstationen einbringen. Die chinesische Firma hatte bereits 2022 seine Batterietausch-System Evogo vorgestellt und plant ein eigenes Batterietausch-Netz in China mit 10.000 Stationen, wie CnEVPost kürzlich berichtete.
DB Schenker schließlich will geeignete Standorte in ganz Europa für die Erprobung der Batterietausch-Stationen ermitteln. Der Kreis der beteiligten Unternehmen soll sukzessive erweitert werden um weitere Logistikunternehmen, Energieversorger und Dienstleister, schreibt DB Schenker in seiner Pressemeldung.
Unter dem Strich
Um die riesigen Akkus von Schwerlastern in vernünftiger Zeit zu laden, bräuchte man das Megawatt Charging, das aber trotz diverser Ankündigungen bisher noch nicht Wirklichkeit geworden ist. Eine charmante Alternative wäre der Batterietausch. Während dieser bei Pkw wegen der nötigen Standardisierung schwer herstellerübergreifend zu verwirklichen ist, könnte es bei den Trailern von Sattelzügen schon eher klappen.
Quelle: DB Schenker, Trailer Dynamics