Nio drängt auf den Weltmarkt. Außer auf seine technisch hochentwickelten Fahrzeuge setzt der chinesische Elektroauto-Hersteller dabei auf sein Batterietausch-System. Weil der Akku nicht unbedingt gekauft werden muss, soll das die Anschaffungskosten senken. Das sieht Nio als deutlichen Wettbewerbsvorteil gegenüber Konkurrenten wie BMW, Mercedes oder Volkswagen.

Ein weiterer Vorteil ist, dass man statt einer runden halben Stunde Wartezeit an der Ladesäule für eine 80-Prozent-Ladung beim Akku-Tausch nur wenige Minuten auf einen komplett vollen Akku warten muss.

Bis 2025 will Nio deshalb 1.000 Batterietausch-Stationen außerhalb des Heimatlandes aufbauen. Die meisten davon sollen in Europa entstehen, sagte Nio-Chef Qin Lihong nun gegenüber Reuters.

In China betreibt Nio bereits 1.103 Batteriewechsel-Stationen, wie die Marke Anfang September meldete. Bis Ende des Jahres sind 1.300 Power Swap Stations (PSS) geplant, bis 2025 sogar 4.000. Weil der Import der Stationen nach Europa wegen ihrer Größe laut Qin unwirtschaftlich ist, eröffnete Nio kürzlich in Ungarn ein Werk, das die PSS für Europa herstellen soll. Die erste PSS wurde bereits ausgeliefert – sie ist für Deutschland bestimmt.

Die erste Nio-Batterietauschstation für Deutschland wurde im September 2022 ausgeliefert

Auslieferung der ersten Nio-Batterietauschstation für Deutschland am 16. September

Zu den Nachteilen des Tausch-Systems für den Hersteller gehören die Aufstellungskosten. Außerdem lädt sich Nio zusätzliche Kosten und Risiken auf, denn Batterien kosten nun mal in der Anschaffung Geld und sie unterliegen im Laufe der Jahre einem deutlichen Verschleiß. Um das Abo-Modell für die Batterien in Europa zu finanzieren, sucht Nio deshalb einen Finanzpartner. Und da Nio noch 2022 in Europa expandiert ist Eile geboten. In Deutschland will Nio noch dieses Jahr die Oberklasselimousine ET7 bringen.

In Norwegen verkauft Nio schon seit einem Jahr den ES8, ein rund fünf Meter langes Elektro-SUV. Bisher wurden 800 Autos abgesetzt. Dazu installierte Nio zwei Wechselstationen in Norwegen. Dieser erste Versuch habe Nio in der Meinung bestärkt, dass man mit den Tauschstationen der Konkurrenz deutlich voraus sei, so Qin. In Norwegen wurden fast alle Autos mit Batterieleasing verkauft, während sich in China nur etwa die Hälfte der Kundinnen und Kunden dafür entschieden.

In Norwegen kostet der ES8 ohne Akku laut Konfigurator 539.000 Kronen, umgerechnet etwa 53.000 Euro. Für die 75-kWh-Batterie zahlt man dann 1.399 Kronen monatlich (etwa 1.350 Euro). Alternativ kann man den Akku für 90.000 Kronen oder 8.800 Euro kaufen. Damit amortisiert sich der Kauf nach etwa fünfeinhalb Jahren. Die größere Batterie mit 100 kWh kostet 1.999 Kronen monatlich oder 160.000 Kronen, womit sich der Kauf hier erst nach sechseinhalb Jahren lohnt. Die kleinere Batterie bietet für 375 km WLTP-Reichweite, die größere 500 km. 

Bildergalerie: Nio ET7 (2022)