Die zylindrischen Batteriezellen im Format 4680 (46 mm dick und 80 mm lang) gehören zu den wichtigsten Waffen von Tesla im Kampf um höhere Energiedichten – und damit um höhere Reichweiten. Seit Elon Musk ihre Vorteile Ende 2020 beim Battery Day vorstellte sind fast vier Jahre vergangen. Inzwischen gibt es eine verbesserte, zweite Generation der Zellen, die Jordan Giesige von The Limiting Factor nun im Detail analysiert hat.

Der neue Beitrag zum Thema (siehe oben) basiert auf Analysen der University of California San Diego, die von Munro Associates in Auftrag gegeben wurden. Das Ergebnis: Die Energiedichte auf Zellebene ist von 244 Wattstunden pro Kilogramm auf 272 Wh/kg gewachsen, also um 11,5 Prozent. Das ist die Verbesserung gegenüber den 4680-Zellen im neuen Cybertruck gegenüber denen im Model Y mit 4680-Zellen.

Tabelle zu den Energiedichten verschiedener Zellen, die in Tesla-Fahrzeugen verwendet werden

Energiedichten verschiedener Zellen, die in Tesla-Fahrzeugen verwendet werden

Möglich wurde das durch zwei Maßnahmen: 

  • eine verbesserte Zellchemie mit 90% Nickel, 5% Cobalt und 5% Mangan (NCM955)
  • dünnere Zellenbecher mit etwa 0,35 oder 0,4 mm Dicke (statt 0,6 mm)

Die verbesserte Zellchemie führt zu mehr Nickel gegenüber der NCM811-Chemie der alten 4680-Zellen, die nur 80% Nickel enthalten. Das ist ein probates Mittel, die Energiedichte an der Kathode zu steigern, führt allerdings auch zu weniger Stabilität. Mit 90% ist nun laut Jordan der gleiche Nickelgehalt erreicht wie in den NCMA-Zellen (Nickel, Cobalt, Mangan, Aluminium) von LG.

Nichts zu tun hat die erhöhte Energiedichte mit der Anode, die nach wie vor aus reinem Graphit besteht. Auf eine Zugabe von Silicium – ein bekanntes Rezept für mehr Energiedichte an der Anode zu steigern – verzichtet Tesla bislang.

Allerdings sank die Dicke der Anode um vier Prozent auf 240 Mikrometer, die Schichtdicke an der Kathode verringerte sich sogar um 17 Prozent auf 150 µm. Tesla verwendet also schon eine asymmetrische Laminierung (asymmetric lamination) zur Erhöhung der Energiedichte. 

In Bezug auf die Beschichtungsmethode haben sich die Zellen jedoch nicht verändert: Wie bei den alten 4680ern wird nur bei der Anode die Trockenbeschichtung (DBE-Technik) angewandt, nicht aber an der Kathode. Nach Aussagen von Tesla bei der Gewinnmitteilung zum 2. Quartal soll die Kathode ab dem vierten Quartal 2024 per DBE-Technik entstehen.

Tesla-Beobachter Joe Tegtmeyer erwähnte die NCM955-Chemie der neuen Zellen bereits in einem Posting vom Januar; er schrieb, eine NCM973-Chemie sei in Arbeit. Dies würde allerdings nur die Cobalt-Gehalt senken, während der Nickelgehalt sich nicht erhöhen würde. Joe erwähnte auch asymmetric lamination.  

 

Mit den genannten 272 Wh/kg ist die Energiedichte nun genauso groß wie bei den 2170er-Zellen von Panasonic, laut Jordan bisher die besten Zellen, die in Tesla-Fahrzeugen eingesetzt werden. Auch beim Innenwiderstand der Zellen gibt es offenbar eine Verbesserung. Je kleiner der Innenwiderstand, desto geringer ist die Erwärmung der Zellen beim Schnellladen – deswegen kann ein kleiner Innenwiderstand die Ladegeschwindigkeit erhöhen.

Der Innenwiderstand konnte bei der von Jordan analysierten Zelle nicht gemessen werden, da sie tiefentladen war. Doch aufgrund der Konstruktion der Zellen vermutet Jordan, dass der Widerstand nun geringer ist:

  • Die Kupfer-Ableiterfolien stoßen nun direkt an den Zellenbecher, was die Leitfähigkeit erhöhen dürfte
  • Die Aluminium-Ableiterfolie ist nun eine Scheibe ohne Vertiefungen, was ebenfalls die Leitfähigkeit erhöhen sollte
  • Die Elektroden wurden dünner, was die Ionenleitfähigkeit erhöhen sollte und die Wärmeentwicklung verringern
Die Ladeperformance des Cybertruck an einem 250-kW-Supercharger beim Test von Out of Spec

De facto lädt der Cybertruck an heutigen Superchargern aber eher durchschnittlich, wie ein Test von Out of Spec zeigte. Bei einem weiteren Test durch InsideEVs.com dauerte ein Ladehub der 123-kWh-Batterie von 11 auf 80% 45 min. Jordan erwartet eine Verbesserung durch schnellere Supercharger. Auch bei der Energiedichte ist seiner Ansicht in den nächsten Jahren noch was drin, unter anderem durch 5 Prozent Silicium in der Anode.

Kürzlich meldete InsideEVs USA zudem, dass Tesla nun eine halbe Million 4680-Zellen pro Tag herstellt. Inzwischen habe Elon Musk genug Zellen produziert, um fast 60.000 Cybertrucks zu bauen. Bei der Produktion der Zellen geht es also auch voran.

Unter dem Strich

Tesla scheint die 4680er-Technik allmählich auf die Reihe zu kriegen. Lange genug hat es ja gedauert. Wenn dann die Produktionsrate noch so weit gesteigert und die Kosten so weit gesenkt werden kann, dass alle Tesla-Fahrzeuge damit ausgerüstet werden können, könnten Elon Musks Versprechungen vom Tesla Battery Day 2020 wahr werden ...