Der Renault Scenic mit Verbrenner wurde von 1996 bis 2023 angeboten. Das Erbe des Kompaktvans tritt nun ein 4,47 Meter langes Kompakt-SUV mit rein elektrischem Antrieb an.
Vorgestellt wurde der Wagen im September 2023 auf der IAA in München. Der Renault Scenic E-Tech Electric, wie das Modell offiziell heißt, basiert wie der elektrische Megane und der Nissan Ariya auf der Konzernplattform Plattform AmpR Medium (früher CMF-EV genannt).
Der Elektro-Scenic ist rund 13 Zentimeter kürzer als der Ariya, aber 27 Zentimeter länger als der Elektro-Megane. Auch die Höhe liegt zwischen den Schwestermodellen: Die stattlichen 1,57 Meter rechtfertigen die Einstufung als SUV, denn damit ist der Scenic immerhin sieben Zentimeter höher als die Schrägheck-Limousine Megane. Der Radstand deckt sich fast genau mit dem des Ariya, während der Achsabstand des Megane zehn Zentimeter kürzer ist.
Antriebe und Akkus
Zwei Versionen werden angeboten. Wer dachte, dass sie die gleichen Antriebe und Akkus erhalten würden wie bei den Schwestermodellen, hat sich getäuscht. Denn die Basisversion hat (neben dem bekannten 60-kWh-Akku) einen neuen 125-kW-Antrieb, und die Topversion bekommt zwar wie der Top-Megane einen Frontantrieb mit 160 kW, doch damit wird ein neuer 87 kWh-Akku kombiniert, der für eine beachtliche Reichweite von 625 km sorgt:
Scenic Electric 170 Comfort Range | Scenic Electric 220 Long Range | |
Antrieb | FWD 125 kW, 280 Nm | FWD 160 kW, 300 Nm |
0-100 km/h / Spitze | 8,6 Sek. / 150 km/h | 7,9 Sek. / 170 km/h |
WLTP-Verbrauch | 16,3 kWh/100 km | 16,8 kWh/100 km |
Akku / WLTP-Reichweite | 60 kWh / 430 km | 87 kWh / 625 km |
Max. Ladeleistung AC/DC | 22 / 130 kW | 22 / 150 kW |
AC-Ladedauer | 3h15 | 5h |
DC-Ladedauer | 32 min (15-80%) | 37 min (15-80%) |
DC-Ladegeschwindigkeit | 1,2 kWh/min | 1,5 kWh/min |
Basispreis (Ausstattung) | 41.400 Euro (Evolution) | 48.900 Euro (Techno) |
Obwohl der Scenic ein SUV ist und ein Allradantrieb verfügbar war (der aus dem Nissan Ariya), hat der Scenic stets Frontantrieb wie der Megane. Wie beim Zoe und Elektro-Megane wird ein elektrisch erregter Synchronmotor (EESM) eingesetzt. BMW nutzt eine ähnliche Technik und bezeichnet sie als Synchron-Elektromotor mit Fremderregung (FSM). Das Magnetfeld wird dabei nicht von Permanentmagneten, sondern von einer Spule erzeugt. So braucht man keine Seltene Erden.
Der Motor wurde von der Renault-Nissan-Allianz selbst entwickelt und wird im französischen Cléon gebaut. Der Scenic E-Tech Electric verfügt über vier Rekuperationsstufen, die über Wippen hinter dem Lenkrad gewählt werden.
Der 87-kWh-Akku besteht aus 12 Modulen mit je 16 Zellen, das 60-kWh-Paket aus 12 Modulen à 24 Zellen. Die Zellen kommen von LG und haben eine NMC-Chemie. Bei der Fahrveranstaltung im März 2024 erfuhren wir von einem Ingenieur, dass es sich nicht wie gedacht um NCM811 (mit 80% Nickel) handelt, sondern um NMC622 (mit 60% Nickel). Das ist ein wenig seltsam, da die Speicherkapazität hoch ist, aber weniger Nickel meist weniger Leistungsdichte bedeutet.
Aufgeladen wird serienmäßig mit dreiphasigem Wechselstrom und 22 kW. Alternativ kann man mit bis zu 130 bzw. 150 kW Gleichstrom laden. Die Batterie wird automatisch vortemperiert, wenn man einen Schnellader als Navi-Ziel anwählt. Ein Ladehub von 15 auf 80 % dauert 32 Minuten bei der kleinen und 37 Minuten bei der großen Batterie. Zum Vergleich: Beim ID.4 Pro dauert angeblich ein etwas größerer Ladehub (10-80%) nur 28 Minuten.
Cockpit und Kofferraum
Das Cockpit erinnert mit dem senkrecht eingebauten Touchscreen und dem Instrumentendisplay im Querformat stark an den Elektro-Megane. Unter dem Touchscreen gibt es physische Tasten für die wichtigsten Einstellungen. Der Getriebemodus (P, N, R oder D) wird mit einem Hebel rechts oben am Lenkrad gewählt. Außerdem gibt es die üblichen Hebel für Licht und Blinker links sowie Scheibenwischer rechts und zudem noch einen Hebel für Audioeinstellungen rechts unten.
Zu den technischen Schmankerln gehört das "Solarbay"-Glasschiebedach. Es bietet vier Einstellungen, die per Sprachbefehl oder Knopfdruck gewählt werden: vollständig transparent, komplett opak, vorne transparent und hinten abgedunkelt und umgekehrt. Der Kofferraum bietet 545 bis 1.670 Liter Volumen. Damit ist er sogar etwas größer als beim längeren VW ID.4 (543-1.575 Liter).
Der Kofferraum hat eine 25 cm hohe Schwelle am Eingang, doch es gibt einen Einlegeboden als Zubehör
Ausstattungen und Preise
Die Ausstattungen heißen Evolution, Techno, Esprit Alpine und Iconic. Die Basismotorisierung gibt es nur als Evolution, während Techno für beide Motor-Akku-Varianten verfügbar ist. Esprit Alpine und Iconic dagegen sind nur mit der starken Version kombinierbar:
Die Basisausstattung Evolution umfasst LED-Licht, 19-Zoll-Aluräder, elektrisch einstell-, beheiz- und anklappbare Außenspiegel, eine im Verhältnis 40/20/40 teilbare Rücksitzbank, eine Zwei-Zonen-Klimaautomatik, ein 12-Zoll-Instrumentendisplay, einen 9-Zoll-Touchscreen, Parkpiepser hinten, Licht- und Regensensor, Verkehrszeichenerkennung, Abstandstempomat, Spurhalteassistent und eine Wärmepumpe.
Techno bietet statt des 9-Zoll-Touchscreens einen 12-Zoll-Motitor mit Navi. Außerdem setzt diese Version eine Google-Sprachsteuerung, Parkpiepser vorne, eine elektrisch bediente Heckklappe, Fernlichtassistent und eine Kurvenlichtfunktion drauf. Sitz- und Lenkradheizung (im deutschen Winter empfehlenswert, wenn Reichweite wichtig ist) gibt es als Extra für 500 Euro.
Konkurrenten und Test des Renault Scenic
Mit 4,47 Meter Länge tritt der Elektro-Scenic gegen den neuen Mini Countryman Electric sowie den VW iD.4 und den Nissan Ariya an. Wie unser Konkurrenzvergleich zeigte, kann die 125-kW-Basisversion eigentlich nur beim Verbrauch mithalten. Der Preis von 41.400 Euro dagegen ist eindeutig zu hoch, denn den VW ID.4 Pure mit überlegenen 210 kW Antriebsleistung und viel mehr Reichweite (550 statt 430 km) gibt es mit Rabatt und Infotainment-Paket derzeit schon ab 40.900 Euro.
Besser sieht die gehobene Variante mit ihren starken 625 km Reichweite aus. Hier kann der genannte VW nicht mithalten. Der Peugeot E-3008 (mit einer eher coupéhaften Karosserie und kleinerem Kofferraum) soll bis zu 700 km schaffen; das Modell startet allerdings erst Anfang 2025 und der Preis ist noch nicht bekannt. Der Fisker Ocean bietet in der Version Ultra 690 km Reichweite, er kostet aber rund 59.000 Euro, also etwa 10.000 Euro mehr als der Renault.
Wir haben den Elektro-Scenic mit der großen Batterie und 160 kW im März 2024 getestet. Gefallen haben uns die hohe Reichweite von 625 km, das 22-kW-Laden, die Ladeplanung durch das Google-System und die Reichweitenanzeige. Negativ fielen das eher langsame Gleichstrom-Laden sowie die doch eher mutige Preisgestaltung im Vergleich zum VW ID.4 auf.
Gebaut wird der Renault Scenic Electric im nordfranzösischen Werk Douai, das zur ElectriCity gehört. Bestellstart war im März 2024, beim Händler steht das Auto ab 8. Juni 2024.
Technische Daten des Renault Scenic Electric
- Frontantrieb mit elektrisch erregtem Synchronmotor (EESM oder FSM)
- Systemleistung / Drehmoment: 125 oder 160 kW / 280 bzw. 300 Nm
- 0-100 km/h / Höchstgeschwindigkeit: 8,6 bzw. 7,9 Sek. / 150 bzw. 170 km/h
- WLTP-Stromverbrauch: 16,3-16,8 kWh/100 km
- Akku / WLTP-Reichweite: 60 oder 87 kWh / 430 bzw. 625 km
- Max. Ladeleistung: 22 kW mit AC / 130 bzw. 150 kW mit DC
- Ladedauer mit DC: 32 bzw. 37 min (15-80%)
- Maße: 4.470 mm Länge / 1.864 mm Breite / 1.571 mm Höhe / 2.785 mm Radstand
- Kofferraum: 545-1.670 Liter
- Basispreis: 41.400 Euro
- Bestellstart / Marktstart: Anfang März 2024 / 8. Juni 2024
(Geringfügig aktualisiert am 14. März 2024)