Seit 2019 veröffentlicht die Unternehmensberatung P3 ihren Charging Index, einen herstellerunabhängigen und realitätsnahen Vergleich der Schnelllade-Fähigkeiten von Elektroautos. Nun wurde die dritte Ausgabe des P3 Charging Index veröffentlicht.

Dabei siegte diesmal der Kia EV6, der zum ersten mal über den Referenzwert von 1,0 kam. Dieser Indexwert wird erreicht, wenn 300 km realer Reichweite innerhalb von 20 Minuten nachgeladen werden können.

Neben einer Gesamtwertung veröffentlichte P3 auch Wertungen in drei Preiskategorien: Die Oberklasse sind die Autos über 65.000 Euro BAFA-Nettolistenpreis, die Mittelklasse liegt zwischen 65.000 und 35.000 Euro und die Kompaktklasse unter 35.000 Euro.

Insgesamt wurden 21 E-Autos getestet, und zwar jeweils die reichweitenstärksten Versionen. Für diese wurden Ladekurven an 350-W-Ladesäulen aufgezeichnet, nur die beiden Teslas wurden an Superchargern V3 geladen. Die Batterie wurde vorkonditioniert, wenn beim getesteten Modell möglich.

Die Ladekurven der getesteten Modelle sind in drei Grafiken zu sehen. Auch die durchschnittlichen Ladeleistungen bei einem Ladehub von 10 bis 80 Prozent sind angegeben.

Ladekurven für die getesteten Oberklasse-Modelle

Der Porsche Taycan GTS erzielte mit 276 kW die höchste maximale Ladeleistung und mit 227 kW auch die höchste durchschnittliche Ladeleistung. 

Ladekurven für die getesteten Mittelklasse-Modelle

In der Mittelklasse liegt der Kia EV6 an der Spitze. Er kam auf eine maximale Ladeleistung von 235 kW, im Durchschnitt waren es 203 kW. Die beiden Teslas blieben mit einem Durchschnitt von 146 bzw. 109 kW deutlich hinter der Konkurrenz zurück, da die Ladekurve schnell abfällt. 

Ladekurven für die getesteten Kompaktklasse-Modelle

Das Kompaktsegment wird vom VW ID.3 mit der 58-kWh-Batterie angeführt: Mit der Software 2.3 schaffte er im Schnitt 81 kW, ein Spitzenwert im Segment.

Reichweite nachladen

Für die reale Reichweite greift P3 auf die Verbrauchswerte des ADAC Ecotest zurück. Dabei werden die E-Autos so lang gefahren, bis der Ladestand unter 50 Prozent sinkt oder der Zyklus sechs Mal gefahren wurde. Anschließend wird mit Wechselstrom aufgeladen und die benötigte Energie gemessen. Diese Messung enthält also auch die Ladeverluste beim AC-Laden.

In der Oberklasse nähern sich die führenden drei Modelle dem Indexwert von 1,0 an. Den besten Wert erzielte der Mercedes EQS450+ (0,92). In 20 Minuten lädt das Auto Strom für 275 km nach. Knapp dahinter folgt der BMW iX xDrive50 (0,91), der nach 20 Minuten 273 km nachgeladen hat. Auf Platz 3 folgt der Porsche Taycan GTS (0,90) mit 271 km nach  20 Minuten. Er lag nach 10 Minuten noch deutlich vor dem Mercedes und dem BMW, lud in den zweiten 10 Minuten aber nicht mehr so schnell nach.

In der Mitteklasse liegt der Kia EV6 mit 77-kWh-Akku und Heckantrieb mit einem Indexwert von 1,03 vorne. Damit gewinnt er nicht nur in der Mittelklasse, sondern auch insgesamt. Das Auto lud 309 km Reichweite in 20 Minuten nach. Es folgen der Hyundai Ioniq 5 (0,91) bei 272 nachgeladenen Kilometern in 20 Minuten und der BMW i4 eDrive40 (0,78) mit 235 km nach 20 min. Das Model 3 Long Range landet trotz der höchsten maximalen Ladeleistung in der Mittelklasse nur auf Platz vier mit Indexwert 0,74 und 221 km in 20 min.

In der Kompaktklasse führt der ID.3 mit 58 kWh, der allerdings nur auf einen Indexwert von 0,51 kam; er lud in 20 Minuten rund 154 km Reichweite nach. Es folgen der Hyundai Kona mit 64 kWh (0,48) und der Peugeot e-208 GT (0,43), der baugleich mit dem Opel Corsa-e ist. Am schlechtesten war der Dacia Spring mit einem Indexwert von 0,20, was 59 nachgeladenen Kilometern in 20 min entspricht.

In der Gesamtwertung führt der Kia EV6 vor dem Mercedes EQS und dem BMW iX:

Gesamtwertung: Die besten fünf Modelle

Fazit

Der Gesamtsieg des Kia EV6 verdeutlicht, dass es auch in der Mittelklasse langstreckentaugliche E-Autos gibt. Zudem verbessert sich die Langstreckentauglichkeit: Im P3-Index von 2019 lagen die Spitzenwerte noch bei etwa 0,7, im vergangenen Jahr 2021 bei 0,88 und nun bei 1,03. Sogar die Kompaktfahrzeuge lagen nun mit Werten von 0,51 bis 0,43 über älteren Premium-Fahrzeugen wie dem Mercedes EQC 400 (0,42) oder dem Jaguar i-Pace (0,37).

Neue Modelle werden neue Rekorde bei der Ladeleistung aufstellen. So gibt Rimac die maximale Ladeleistung des Nevera mit 500 kW an, der Lucid Air schaffte bei einem Tests mehr als 300 kW. Dass die Hersteller auch bei der Effizienz Fortschritte machen, belegt der Mercedes EQXX, der bei einer Testfahrt nur 8,3 kWh/100 km brauchte.

Aus technischer, aber vor allem wirtschaftlicher Sicht ist es laut P3 aber nicht zielführend, die Batteriegrößen immer weiter zu steigern. Vielmehr sind Ladeleistung, Effizienz und Vorkonditionierung die wichtigsten Stellhebel für die Langstreckentauglichkeit.

Bildergalerie: P3 Charging Index 2022