Die reichweitenstärkste Version des Kia EV6 ist mit 528 Kilometern nach WLTP angegeben. Aber wie weit kommt der der 168 kW starke Hecktriebler mit der großen 77-kWh-Batterie wirklich? Kollege Mael Pilven von InsideEVs Frankreich hat es nun getestet.
Mit den genannten 528 km liegt der Kia auf dem gleichen Niveau wie der VW ID.4 Pro Performance, der mit ebenfalls 77 kWh und vergleichbarer Antriebsleistung (150 kW) 517 km schaffen soll. Den Stromverbrauch gibt Kia mit 16,5 bis 17,2 kWh/100 km an. Kollege Manu, der die 168-kW-Version ebenfalls bereits getestet hat, schrieb, dass man nicht unter 20 kWh kommen wird.
Auch nach Meinung von Mael werden die angegebenen 528 km schwer zu erreichen sein. Er gibt folgende Werte an:
Verkehrssituation | Durchschnittsgeschwindigkeit | Angezeigter Verbrauch | Reichweite |
---|---|---|---|
Stadtrand | 46 km/h | 17,8 kWh/100 km | 434 km |
110 km/h | 90 km/h | 23,3 kWh/100 km | 332 km |
130 km/h | 130 km/h | 26,9 kWh/100 km | 287 km |
Dabei merkt er an, dass die Temperaturen winterlich waren und er alle Komfortsysteme genutzt hat – Klimaanlage und Sitzheizung etc. waren also angeschaltet.
Mael wollte von Paris nach Rennes in der Bretagne fahren. Beim Start zeigte das Auto bei einem Ladestand von 91 Prozent eine Restreichweite von 387 km an. Demnach hätte er die Strecke in einem Rutsch schaffen müssen – das Navi zeigte eine Distanz von 381 km an und schlug keinen Ladestopp vor. Mael wollte sehen, ob das System seine Meinung auf dem Weg ändern würde – die Restreichweite würde sich ja an den Realverbrauch auf der Autobahn anpassen.
Nach knapp 190 km Fahrt zeigte der Bordcomputer einen Verbrauch von 21,4 kWh und eine Restreichweite von 144 km. Da noch 188 km/h zu fahren waren, war schon hier klar, dass der Strom wohl nicht reichen würde. Mael entschloss sich, die nächste Ionity-Säule auf der Strecke anzufahren.
Beim Ladestopp zeigte die Säule einen Ladestand von 38 Prozent an. Nach ein paar Sekunden stieg die Ladeleistung zunächst auf 74 kW und nach 12 Minuten und 16 kWh geladenem Strom auf 102 kW. Der Bordcomputer zeigte nach 34 Minuten eine Ladeleistung von 129 kW an.
Auch 129 kW liegen noch deutlich unter der maximalen Ladeleistung von 240 kW, die Kia angibt, aber die reale Ladeleistung hängt natürlich von vielen Faktoren ab – vor allem auch vom Ladestand und von der Außentemperatur. Und letztere war suboptimal: In Paris lag sie bei zehn bis elf Grad, bis zum Ladestopp sank sie auf 4 Grad. Dass die vom Hersteller angegebene Ladeleistung erreichbar ist, zeigt unser Ladetest des EV6 mit der gleichen Batterie und AWD-Antrieb; dabei wurden 234 kW erreicht.
Nach 28 Minuten waren laut Säulen-Anzeige 90 Prozent Ladestand erreicht; die Säule hatte 43 kWh abgegeben und die Ladeleistung war auf 44 kW gefallen. Der Bordcomputer zeigte nun 383 km Restreichweite an – mehr als genug für die restlichen 188 km Fahrstrecke.
Nach insgesamt 1.882 Test-Kilometern meldete der Bordcomputer einen Durchschnittsverbrauch von 23,3 kWh pro 100 km, was einer Reichweite von 332 km entspricht. Damit brauchte Mael doch deutlich mehr als laut WLTP angegeben. Fast die gleiche Reichweite, nämlich 331 km, ermittelten unserer italienischen Kollegen für den EV6 in der AWD-Version mit 77-kWh-Akku auf einem Autobahnring bei maximal 130 km/h.
Für alle, die ein wenig Französisch verstehen (oder sich die Anzeigen an der Ladesäule und im Auto ansehen wollen), hier das Video von Mael:
Quelle: InsideEVs Frankreich