Rund 30 VW ID. Buzz stehen für uns Spalier, als wir in der dänischen Hauptstadt Kopenhagen zur Testveranstaltung vorfahren. Da ist er endlich, der so lang schon angekündigte und herbeigesehnte elektrische Nachfolger des klassischen Bulli. Hat er das Zeug zur Retro-Ikone oder ist er eigentlich nur ein Transporter mit Elektroantrieb? Wir haben das Auto mit 77-kWh-Batterie und 150 kW starkem Heckantrieb getestet.

Die Optik des ID. Buzz fand ich sympathisch, seit die ersten Bilder auftauchten. Er hat viel von dem Klassiker übernommen, ohne nach einem Auto der 50er-Jahre auszusehen. Der positive Eindruck ändert sich nicht, als ich nun vor dem Wagen stehe. Allerdings kommt es auf die Perspektive an. Direkt von der Seite her gesehen, hat der Bursche eine ziemlich weit vorstehende Nase.

VW ID. Buzz
VW ID. Buzz
VW ID. Buzz

Den Grund für das Stupsnäschen erklärt mir der technische Projektleiter für den ID. Buzz, Stefan Lutz: Es liegt an der Lüftung. In dem Vorsprung ist eine Lüftungsblende untergebracht, die vermutlich heiße Luft aus dem Vorderwagen entlässt.

Ansonsten fällt mir das Heck des ID. Buzz auf: Er sieht ein wenig nach "quadratisch, praktisch gut" aus, der Wagen ist fast so hoch wie breit. Und mit fast zwei Meter im Quadrat sind die Abmessungen riesig. Zumindest, wenn man mit dem ID.4 vergleicht, der nur 1,64 Meter hoch und 1,85 Meter breit ist. Mit 4,71 Meter ist der ID. Buzz auch deutlich länger, bleibt aber hinter dem fossil angetriebenen VW Multivan zurück.

Cockpit: Neuer Hebel für die Modi P, N, R und D/B

Mit Kollege Achim steige ich erstmal ein, in unseren gelbweiß lackierten Testwagen. Das Raumgefühl ist sehr gut, obwohl unser Testwagen kein Glasdach hat. Das Armaturenbrett unter der Windschutzscheibe reicht weit nach vorne, und wie bei Nutzfahrzeugen üblich, sitzt man hier eher vor dem schrankartigen Zeug. Schon auf den ersten Kilometern durch Kopenhagen fällt zudem die hohe Sitzposition auf: Im Buzz guckt man über fast alle anderen Autos drüber.

Im Buzz guckt man über fast alle anderen Autos drüber

Nicht ganz auf dem Niveau der früher teils sehr edlen VW-Testwagen ist das billige Plastik in Metalloptik, das sich an vielen Stellen breit macht. Die Monitorlandschaft ist die gleiche wie bei den bisherigen ID-Modellen: Hinter dem Lenkrad gibt es ein kleineres Instrumentendisplay, in der Cockpitmitte einen großen Touchscreen (serienmäßig 10 Zoll, optional 12 Zoll).

VW ID. Buzz: Das Cockpit

Einen Unterschied zu ID.3, 4 und 5 gibt es aber doch: Die Fahrmodi P, N, R und D/B werden nicht über einen Dreh-Knubbel rechts am Display aktiviert, sondern mit einem Lenkstockhebel. Da der Knubbel optisch oft hinter dem Lenkradkranz verschwand, ist das ein deutliches Plus in Sachen Bedienung.

Wie bisher kann die Rekuperation nur zweistufig verstellt werden, durch Wahl zwischen den Modi D und B. Dabei ist auch in B noch nicht sehr viel von der Rekuperation zu spüren und nur durch Gas-Wegnehmen zum Stillstand kommt das Auto auch nicht. Mit anderen Worten: kein One-Pedal-Driving.

VW ID. Buzz
VW ID. Buzz

Den Buzz gibt es zum Start nur als Fünfsitzer. Dabei lässt sich die hintere Rückbank längs um 15 Zentimeter verschieben. Hier haben auch Erwachsene genug Platz. Bei 1,76 Meter Größe ist sogar bei ganz nach vorn geschobenem Gestühl noch Platz für die Knie. Für alle, die mehr als fünf Sitze brauchen: Mittelfristig werden Sechs- und Siebensitzer sowie ein längerer Radstand folgen.

150-kW-Antrieb und Batterie von SKI

In die Version mit dem längeren Radstand passt dann auch eine größere Batterie. In die Startversion passt trotz 22 Zentimeter mehr Radstand (der Buzz hat 2,99 Meter, die anderen IDs nur 2,77 Meter) nur der bekannte 77-kWh-Akku. Für mehr ist der größere Radstand nötig, sagt Projektleiter Lutz.

VW ID Buzz: Antrieb und Batterie
Sechs mal zwei Module ergibt 77 kWh: Die Batterie im Buzz

Die 77-kWh-Batterie besteht aus sechs paarweise angeordneten Modulen. Wenn der neue Akku zweimal sieben Module bekommt, darf man wohl auf 90 kWh hoffen – ob dadurch auch die Reichweite nennenswert steigt, müssen wir abwarten.

Die Version mit langem Radstand bekommt eine größere Batterie – vermutlich mit etwa 90 kWh.

Einstweilen jedenfalls bietet der Buzz offiziell bis zu 423 km Reichweite, also rund 100 km weniger als der (deutlich kleinere und leichtere) ID.4. Nach unserer rund 80 km langen Testfahrt zeigte der Bordcomputer einen Verbrauch von 20,7 kWh an. Das deckt sich etwa mit dem Normverbrauch, allerdings lag unsere Durchschnittsgeschwindigkeit im stadtnahen Verkehr nur bei etwa 50 km/h.

Der 150-kW-Antrieb reicht für den 2,5-Tonner aus, zumindest in der Ebene und ohne Anhänger. Aber ein ID.4 oder 5 fährt sich deutlich Pkw-ähnlicher und sportlicher – wegen der niedrigeren Sitzposition, den eng anliegenden Sitzwangen und natürlich dem geringeren Gewicht.

Sportliche Gefühle durch rasante Beschleunigung darf man aber von Bussen generell nicht erwarten, da machen E-Autos keine Ausnahme. Wer surft oder radelt, lebt seinen Sport nicht im Auto aus, er nutzt es, um zum Sport zu fahren. Und Familien legen auf schnelle Sprints ohnehin wenig Wert. Eilige stört vielleicht eher das Maximaltempo von 145 km/h – der ID.4 Pro ist auf 160 limitiert.

Aufladen: Trotz 170 kW nicht schneller

Ein wichtiger Pluspunkt des ID. Buzz liegt in der hohen Ladegeschwindigkeit: Er ist das einzige MEB-Auto, das sich mit 170 kW laden lässt. Warum geht das beim ID. Buzz, aber nicht bei den anderen Modellen mit 77 kWh-Akku? Offenbar wegen der Batteriezellen, die hier von SK Innovation kommen, wie wir auf dem Termin erfuhren. Die sonst von VW verwendeten Zellen von LG und CATL erlauben das offenbar nicht.  

Der ID. Buzz bekommt Zellen von SKI. Das dürfte der Grund für die hohe maximale Ladeleistung von 170 kW sein.

Doch die hohe Ladeleistung scheint sich zumindest momentan noch nicht in einer kürzeren Ladezeit widerzuspiegeln, denn VW gibt für den Buzz 30 min an, beim ID.4 Pro aber sogar nur 29 min (beides 5-80%), obwohl letzterer nur 135 kW schafft.

VW ID. Buzz
Aufgeladen wird hinten rechts

Vermutlich ist VW mit dem Ausreizen der neuen Möglichkeiten anfangs noch vorsichtig, vielleicht verkürzt sich die Ladezeit in den kommenden Monaten. Ein dickes Plus ist aber, dass der Buzz das Aufladen mit dem praktischen Plug&Charge-Verfahren unterstützt.

Trotz 170 statt 135 kW bislang noch keine kürzere Ladezeit 

Ladeplanung und Infos zu Ladestandorten: Gekonnt

Auf Langstrecken ist es wichtig, dass das Navi mir vor dem Losfahren sagt, wo und wann und wie lange ich laden soll. Eine herbe Enttäuschung in dieser Hinsicht erlebten wir kürzlich der Nissan Ariya und der Toyota bZ4X. Der getestete VW ID. Buzz (laut VW mit der neuesten Software 3.2) dagegen kann es: Vom schwedischen Malmö aus (wir sind über die Öresund-Brücke hinübergefahren) gebe ich München als Ziel ein, und das Navi liefert eine komplette Ladestrategie.  

VW ID. Buzz
Vier Ladestopps von Malmö bis München
VW ID. Buzz
An dieser Ladestation sind vier von 6 Säulen frei

Ob die Säulen gerade frei sind, erfahre ich hier aber nicht. Schade, denn eigentlich ist die Information vorhanden. Tippe ich auf der Navi-Karte eine Ladestation an, sagt mir das Gerät, wie viele Ladepunkte gerade frei sind. So wie das VW-System jetzt funktioniert, muss muss sich also die nächste Ladestation merken und dann zum Beispiel 100 Kilometer vor Erreichen das Logo antippen, um zu erfahren, wie stark der Standort frequentiert ist. Schön wäre eine Funktion, die warnt, wenn die nächste geplante Ladestation komplett oder fast belegt ist.

Preise ab 64.581 Euro

Der VW ID. Buzz tritt zunächst gegen den Opel Zafira-e und seine baugleichen Brüder von Peugeot, Citroen und Fiat an. Die haben allerdings nur 100 kW, obwohl sie größer sind. Und die Reichweite ist mit maximal 320 km noch viel bescheidener, die Ladezeit mit 48 min deutlich länger.

Opel aber will rund 69.000 Euro für die reichweitenstärkste Variante, während es den ID. Buzz schon ab knapp 65.000 Euro gibt. Da ist der Wolfsburger das deutlich attraktivere Angebot. Ob das auch gegenüber dem Ford E-Tourneo Custom gilt, der in einem Jahr startet, müssen wir abwarten.

VW will dieses Jahr 15.000 Stück vom ID. Buzz bauen. Da 10.000 bereits reserviert sind, bleiben noch 5.000 für dieses Jahr. Man könnte also noch dieses Jahr einen bekommen und damit auch noch von der alten Förderung profitieren. Die Preise beginnen bei 64.581 Euro. Der Konfigurator ist derzeit allerdings nur tageweise online, dann wieder offline.

Fazit: Besser als die Rivalen

Die Hauptargumente für den VW ID. Buzz sind die nette Optik und das große Platzangebot. Letzteres bietet auch der Opel Zafira-e, und auch der Look ist akzeptabel. Doch im Vergleich zum Konkurrenten ist der Buzz günstiger. Zudem sind auch noch Leistung und Reichweite höher und die Ladezeiten kürzer. Da dürfte die Wahl leicht fallen.

Wer zwischen VW ID.4 und dem Buzz schwankt, muss sich entscheiden zwischen dem agileren, reichweitenstärkeren und 20.000 Euro günstigeren SUV und dem Bus mit mehr Innen- und Kofferraum. Damit dürfte klar sein: Nur wer den Platz unbedingt braucht, oder sich Hals über Kopf in die Optik des Buzz verliebt hat, wird den Neuling kaufen. Ist der Buzz wegen der hübschen Optik gleich eine Ikone? Nun ja, die Antwort ist wohl eine Frage des Temperaments.    

VW ID. Buzz 77 kWh/150 kW

Motor 1 E-Motor hinten
Leistung 150 kW
Max. Drehmoment 310 Nm
Beschleunigung 0-100 km/h 10,2 Sek.
Höchstgeschwindigkeit 145 km/h
Verbrauch 20,5-21,7 kWh / 100 km
Batterie 77 kWh netto (82 kWh brutto)
Elektrische Reichweite 402-423 km (WLTP)
Ladeanschluss CCS, bis 11 kW AC, bis 170 kW DC
Aufladezeit 7h30 AC, 30 min DC (5-80%)
Länge 4.712 mm
Breite 1.985 mm
Höhe 1.927-1.951 mm
Kofferraumvolumen 1.121–2.205 Liter
Leergewicht 2.471 kg
Zuladung 529 kg
Anhängelast 1.000 kg (gebremst, 12% Steigung)
Basispreis 64.581 Euro