Die Auto-Entwicklung nimmt manchmal bizarre Formen an. So erinnern wir uns nur zu gerne an den Audi Q7 V12 TDI. Und da im voranschreitenden Elektro-Zeitalter der Kombinations-Gier aus Luxus und Leistung weiterhin fröhlich gefrönt wird, kommt der neue i7 M70 xDrive nicht gerade überraschend. Das Modell setzt der Baureihe auf dem Papier die Performance-Krone auf. Wir konnten den bislang stärksten Elektro-BMW jetzt fahren. Und uns fahren lassen ...

Was ist das?

Was sich hier vor uns auf dem Parkplatz mit dem neuen Vieraugen-Gesicht und der monumentalen Leucht-Niere auf 5,39 Meter Länge aufbaut, wirkt auf den ersten Blick eigentlich wie ein ganz normaler i7. So einen, wie wir ihn bereits vor gut einem Jahr als i7 xDrive 60 mit "nur" 400 kW und 745 Nm Drehmoment fahren konnten.

Damals hielten wir fest, dass "es schon ein Alleinstellungsmerkmal von BMW ist, dass man ein so großes und so pompös-komfortables Elektroauto bauen kann, das trotz 5,39 Meter in der Länge und einem Gewicht von gut 2,7 Tonnen immer noch so unfassbar dynamisch und präzise fahrbar bleibt".

BMW i7 M70 xDrive (2023) im Test
BMW i7 M70 xDrive (2023) im Test
BMW i7 M70 xDrive (2023) im Test

Und wir kamen zu diesem Fazit, obwohl wir damals eigentlich schon wussten, dass dieser 7er nicht das Ende der Fahnenstange bleiben würde. Bereits Anfang 2022 kündigte der Hersteller nämlich ein M70-Modell an. Mit rund 440 kW und über 1.000 Nm Drehmoment. Wie wir heute wissen, hat man die Versprechen halten können und so wurden es am Ende sogar 485 kW und 1.100 Nm Drehmoment. Im Boost-Modus. Für 10 Sekunden.

Wie gehabt, setzt BMW auf stromerregte Synchronmotoren ohne Permanentmagnete. Dabei ist der vordere Motor die gleiche 190-kW-Maschine wie beim xDrive60, die hintere ist mit 360 kW aber deutlich kräftiger – dieser sechsphasige Motor ist damit der stärkste auf dem Markt.

Weitere M-spezifische Anpassungen? Eine aktive Integral-Lenkung, eine adaptive M Zweiachs-Luftfederung, elektronisch kontrollierte Stoßdämpfer, ein System namens Executive Drive Pro mit Active Roll Stabilisation und Active Roll Comfort sowie ein M Sportbremssystem mit neuen 21-Zöllern und optionaler Performance-Bereifung. Ja ... Sport-Pneus auf einem 7er. Das ist neu.

BMW i7 M70 xDrive (2023) im Test

Viel neue Technik also, die sich allerdings nicht in eine prollige Optik übersetzt. Allzu viel Sport-Design wollte die M GmbH der vornehmlich US-amerikanischen, chinesischen und koreanischen Kundschaft bei ihrem Flaggschiff wohl nicht zumuten. So beschränkte man sich mit etwas Understatement auf ein paar M-Logos, die spezifischen Felgen und eine neue Nieren-Farbkombi. Fertig.

Individualisierung geht dann über die schier endlose Auswahl an Lackfarben. Ein i7 M70 xDrive in Feuerorange? Kein Problem und der geheime Favorit von M GmbH-Chef Franciscus Van Meel. Niederländer. Klar.

Braucht man das?

Selbstverständlich nicht. Einen 660 PS starken Elektro-7er braucht wirklich niemand. Niemand. Genauso wenig wie einen deutlich fahraktiveren M2 am anderen Ende der M-Palette. Oder jegliche Rolls-Royce-Modelle, wenn man doch das Luxus-Thema intensiver leben möchte. Und die Kombination aus beiden Eigenschaften? Eigentlich noch weniger.

BMW i7 M70 xDrive (2023) im Test
BMW i7 M70 xDrive (2023) im Test

Aber so ist das mit den Anfangs erwähnten bizarren Auswüchsen der Autoindustrie, die eigentlich keinen Sinn machen. Sie haben trotzdem ihre Daseinsberechtigung. Einfach weil es geht. Weil ein lautloser E-Antrieb im Luxussegment genauso Sinn ergibt wie nie enden wollende Leistungsreserven. Und deshalb passen auch höchster Komfort mit Kaschmirwolle-Lounge-Sitzen, Kilometern an Beinfreiheit und der 8K-Theatre Screen im Fond zu Fahrleistungen von 3,7 Sekunden auf Tempo 100 und einer elektronisch begrenzten Höchstgeschwindigkeit von 250 km/h. Versprochen.

Fahren oder gefahren werden?

Diese Frage drängt sich durch den vorherigen Absatz jetzt förmlich auf. Und die Antwort – man kann es irgendwie vorhersehen – ist genauso ambivalent wie das Auto selbst. BMW selbst sieht die barzahlende i7-Perfomance-Kundschaft natürlich hinter dem Lenkrad des M70.

Fröhlich durch die allumfassenden Fahrmodi namens "My Modes" schaltend, "Iconic Sounds" von Hans Zimmer genießend und die wahnwitzigen Fahrleistungen abrufend. So lange bis die 2,8 Tonnen der aberwitzigen Querdynamik sowie die Batteriekapazität von 101,7 kWh der Reichweite und damit dem Spaß einen Riegel vorschieben. 

Aber bis diese beiden Limitierungen eintreten, dauert es erschreckend lange. Also ... natürlich lässt sich bei entsprechenden Fahrmanövern der WLTP-Verbrauch von 20,8–23,8 kWh/100km nicht erreichen, aber unter 30 kWh/100km bleiben wir trotz der sinnlosesten Fahrmanöver.

Genauso sieht es mit der Reichweite aus. 560 km sollen maximal drin sein. Und auch hier sind selbst im Extremfall immer noch mindestens 350 km möglich, ehe man sich bei maximal 195 kW-Ladegeschwindigkeit an einen DC-Stecker hängen sollte, um den vorher herausgefahrenen Vorsprung wieder einzubüßen.

BMW i7 M70 xDrive (2023) im Test

Auf der Rückbank lässt es sich aber auch aushalten. Allerdings sollte man seinen Chauffeur gut briefen, denn auch er will vermeintlich ein bisschen Spaß haben. Das verträgt sich aber nicht ganz so gut. Jedenfalls endet unser Mitfahr-Versuch nach wenigen Kilometern am Straßenrand. Nachdem kurvige Landstraßen, ein ambitionierter Fahrer und ein Streaming-Dienst auf dem Kino-Bildschirm sich dazu verabredeten hatten, unsere Magengegend etwas aus dem Gleichgewicht zu bringen. Also doch selbst fahren? In dem Fall schon. Und auf der Autobahn können entweder die Assistenten oder eben doch eine menschliche Person übernehmen.

Was sollte man sonst noch wissen?

Für verlängerte Fahrfreuden in Notsituationen steht erstmals der Reichweitenmodus "Max Range" zur Verfügung. Dabei wird so gut wie jede Funktion des Autos eingeschränkt um die Reichweite um 15 bis 25 Prozent erhöhen zu können. Maximal 90 km/h kann man dann noch fahren, die Klimatisierung sowie Sitz- und Lenkradheizung werden komplett deaktiviert. Wann man das einsetzen sollte? Zum Beispiel wenn doch einmal die in der Route eingeplante Ladesäule defekt ist.

Mit der "My BMW App" ist es seit März 2023 außerdem möglich, die Automatiktüren per Smartphone zu öffnen und zu schließen. So geht die Fahrertür automatisch auf, sobald sich das Smartphone mit installiertem BMW Digital Key Plus dem Fahrzeug nähert. Nach dem Einsteigen lässt sich die Fahrertür unter anderem durch das Betätigen des Bremspedals wieder schließen.

Ebenfalls recht interessant: der Preis. 181.800 Euro verlangt BMW mindestens für den Über-Elektro-7er und damit rund 65.000 Euro mehr als für das Basismodell i7 eDrive50 mit 335 kW und Hinterradantrieb. Kann man schon irgendwie nachvollziehen, ja. Aber auch der Aufpreis gegenüber einem i7 xDrive60 haut noch rein. Es sind immer noch rund 40.000 Euro.

Zum Vergleich: Ein dem M70 ebenbürtiges Modell von Mercedes-Benz, der AMG EQS 53 4Matic+ mit ziemlich identischen 484 kW und ähnlichen Fahrleistungen, startet schon bei rund 155.000 Euro. Dafür gibt's aber weniger Luxus im Fond und ein weniger markantes Computermaus-Design.

Fazit: 8,5/10 Punkte

Dieses Auto ist so faszinierend wie sinnlos und wird gerade deshalb eine finanzstarke Fangemeinde entwickeln. Der BMW i7 M70 xDrive schafft es grandios das Temperament eines (ebenfalls recht schweren) M2 mit der Herrschaftlichkeit eines Rolls-Royce zu verbinden. Allerdings mit pfundigem Ausschlag in Richtung Luxus.

BMW i7 M70 xDrive (2023) im Test

Wer das braucht, wird auch den happigen Preis bezahlen. Wer das bisschen Extra-Sportlichkeit nicht unbedingt braucht, kann sich ein paar viele Scheine sparen und auf die i7-Modelle ohne das M zurückgreifen. In der Regel wird man im Innenraum nämlich so wunderbar von der Eleganz und all der Technik abgelenkt, dass man die Leistungsunterschiede (vor allem im Vergleich zum 544 PS starken i7 xDrive60) kaum bemerken dürfte. Besonders dann nicht, wenn man plant, sich sowieso hauptsächlich im Fond aufzuhalten.

Bildergalerie: BMW i7 M70 xDrive (2023) im Test

BMW i7 M70 xDrive (2023)

Motor 2 Elektromotoren (190 kW vorne, 360 kW hinten)
Getriebeart Festübersetzung // Vorderachse: 8,77 // Hinterachse: 8,77
Antrieb Allradantrieb
Leistung 485 kW (660 PS)
Max. Drehmoment 1.015 Nm (1.100 Nm im Boost-Modus)
Beschleunigung 0-100 km/h 3,7 Sek.
Höchstgeschwindigkeit 250 km/h (elektronisch begrenzt)
Elektrische Reichweite 488 – 560 km
Verbrauch 20,8 – 23,8 kWh/100km
Ladeanschluss CCS (max. 195 kW DC)
Batterie 101,7 kWh (netto)
Länge 5.391 mm
Breite 1.950 mm
Höhe 1.544 mm
Leergewicht 2.770 kg (inkl. Fahrer)
Basispreis 181.800 Euro