Wenn Elektroautos nicht gerade gefahren werden, könnten sie Energie ins öffentliche Stromnetz zurück speisen. Das ist die Grundidee von Vehicle-to-Grid-Anwendungen (V2G). Nun wurde ein Pilotversuch mit dem Porsche Taycan durchgeführt – mit vielversprechenden Ergebnissen.

Mit V2G könnte man also "Dunkelflauten" überbrücken, also Zeiten mit wenig Solar- und Windstrom, aber auch Zeiten mit zu viel Strom im Netz. So könnten Elektroautos Schwankungen im Stromnetz ausgleichen. 

Dass die Idee funktionieren könnte, hat jetzt ein Feldversuch gezeigt, den Porsche, der Hochspannungsnetz-Betreiber TransnetBW und das Beratungsunternehmen Intelligent Energy System Services (IE2S) durchgeführt haben.

Dabei wurden fünf Serien-Taycan ans Stromnetz angeschlossen. Das Strommanagement übernahm der Porsche Home Energy Manager (HEM). Das als Porsche-Zubehör erhältliche Gerät wird normalerweise eingesetzt, um eine Photovoltaik-Anlage zum Aufladen eines Taycan zu nutzen. Für den Versuch wurde die Software angepasst.

Vehicle-to-Grid-Pilotversuch mit dem Porsche Taycan
Der HEM von Porsche (in Tequipment-Zubehörteil für rund 550 Euro) wurde für den Versuch modifiziert

Da bidirektionales Laden (die fahrzeugseitige Voraussetzung für V2G) vom Porsche Taycan noch nicht unterstützt wird, wurden bei dem Versuch nur die Ladevorgänge der Elektrofahrzeuge koordiniert. Das heißt: Wenn zu viel Strom im Netz war, würden die Akkus geladen. Dazu mussten die fünf Fahrzeuge über ein von IE2S entwickeltes Cloud-System zu einem Pool zusammengeschlossen werden. Dieses Pooling-System wurde dann für den Test an eine Leitung von TransnetBW angebunden.

Der Versuch gelang: "Das Projektteam hat es geschafft, die komplexe Kommunikationsinfrastruktur zwischen unserem Leitsystem und mehreren Elektrofahrzeugen zu realisieren. Zugleich wurden die strengen Vorgaben für das Vorhalten und Erbringen von Regelreserve erfüllt. Damit können wir Elektromobilität in das intelligente Stromnetz der Zukunft integrieren", erklärt TransnetBW-Chef Rainer Pflaum.

Nach den gesetzlichen Bestimmungen müssen die Netzbetreiber so viel Strom bereitstellen, dass die Nachfrage gedeckt wird. Ist zu wenig Strom da, äußert sich das in einem Absinken der Wechselstromfrequenz unter die normalen 50 Hertz, bei zu viel Strom steigt die Frequenz. Bei Strommangel spricht man von positiver Regelleistung – es muss zusätzliche Leistung (eine positive Megawatt-Zahl) ins Netz eingespeist werden, um einen Stromausfall zu verhindern. Umgekehrt muss die eingespeiste Leistung verringert oder die Last erhöht werden, wenn zu viel Strom im Netz ist (negative Regelleistung). 

Für solche Fälle gibt es Reserven, die mehr oder weniger schnell aktiviert werden können. Das leisten derzeit vor allem konventionelle Kraftwerke: Sie können Änderungen an ihren Generatoren durchführen und man kann sie herauf- oder herunterfahren. Künftig könnten Stromspeicher hinzukommen. Damit sie als Schwankungsreserve dienen dürfen, müssen sie aber bestimmte Bedingungen erfüllen.

Die so genannte Frequency Controlled Reserve (FCR) dient zur schnellen Stabilisierung des Netzes. Zudem gibt es die aFRR (automatic Frequency Restauration Reserve), die erst innerhalb von fünf Minuten in voller Höhe zur Verfügung stehen muss. Messungen bei dem Pilotversuch ergaben, dass sich der Taycan-Pufferspeicher für beide Reserven eignet. Die Akkus von mit dem Netz verbundenen Elektroautos könnten also künftig als Schwankungsreserve fürs öffentliche Stromnetz genutzt werden. Die Besitzerin oder der Besitzer des Autos könnte sich dies finanziell vergüten lassen.

Damit es auch bei zu wenig Strom funktioniert, muss der Taycan zunächst das bidirektionale Laden lernen. Hier sind die koranischen Hersteller bei Ioniq 5 und Kia EV6 schon weiter; Hyundai will demnächst ein Auto vorstellen, das V2G-Technik schon ab Werk an Bord hat, wie die Marke nun meldet. Ob es sich dabei um den Ioniq 6 handelt? Wir müssen es abwarten. 

Bildergalerie: Porsche Taycan Vehicle to Grid