800-Volt-Technik für schnelles Laden im Massenmarkt? Das bietet bisher eigentlich nur der Hyundai-Kia-Konzern. Auch die J1-Plattform des Porsche Taycan und Audi e-tron GT arbeitet mit 800 Volt, ist aber zu teuer, um große Stückzahlen zu ermöglichen. Doch bald wird sich das ändern: Der VW-Konzern bringt seine Premium Platform Electric (PPE) schon 2024, BMW und Mercedes folgen mit der Neuen Klasse bzw. der Mercedes Modular Architecture (MMA) ein Jahr später. Was ist zu erwarten?
Vom MEB zu PPE
Abgesehen von den beiden J1-Modellen basieren derzeit alle Elektroautos des VW-Konzerns auf dem Modularen Elektrobaukasten MEB. Der hat sich seit der Einführung des ID.3 im Jahr 2020 weiterentwickelt, bietet nun bis zu 86 kWh große Batterien, die im VW ID.7 bis zu 700 km ermöglichen sollen. Auch die Ladeleistung hat sich auf bis zu 200 kW gesteigert. Porsche hat den MEB allerdings nie genutzt und wird das wohl auch nicht mehr tun; Audi brachte mit dem Q4 e-tron (inklusive Sportback) nur ein Modell.
Audi Q6 e-tron (2024) als seriennaher Prototyp
Doch nächstes Jahr startet die PPE, die von Audi und Porsche gemeinsam entwickelt wurde. Der Audi Q6 e-tron soll Ende des ersten Quartals 2024 starten, schreibt die Automobilwoche. Eigentlich sollte das Modell schon Ende 2022 auf den Markt kommen, doch wegen Softwareproblemen wurde die Einführung gleich zweimal verschoben. Angeblich soll es zwei Versionen geben: den Q6 55 e-tron mit 279 kW und den SQ6 mit 375 kW. Mit der 100-kWh-Batterie sollen bis zu 600 km möglich sein.
Porsche-Entwicklungsvorstand Michael Steiner vor zwei getarnten Prototypen des Elektro-Macan
Der Elektro-Macan von Porsche soll ebenfalls 2024 starten, aber wohl erst nach dem Q6 e-tron. Er erhält dafür mehr Leistung – bis zu 450 kW. Mit der 100-kWh-Batterie sollen hier nur rund 500 km drin sein. Das entspräche einem ziemlich hohen Verbrauch von etwa 20 kWh/100 km. Auch beim Aktionsradius wäre das Modell älteren Konkurrenten wie dem Tesla Model Y (bis 565 km), dem Ford Mustang Mach-E (bis 600 km) und dem Mercedes EQE SUV (bis 628 km) unterlegen, ganz zu schweigen von dem (kleineren) Peugeot E-3008, der 700 km schaffen soll.
Auch eine Limousine ist geplant: der Audi A6 e-tron, der gegen den BMW i5 und den Mercedes EQE antreten wird. Da die Konkurrenten derzeit noch mit 400-Volt-Technik arbeiten, hat Audi hier zunächst einen Vorteil, doch auch der EQE soll ab 2025 auf 800 Volt umgestellt werden. Die Studie sollte mit einem 100-kWh-Akku 700 km ermöglichen; damit läge der Verbrauch bei etwa 14 kWh/100 km. Und nach Gerüchten bietet die Sportvariante RS6 e-tron genauso viel Power wie der Macan: 450 kW.
Mercedes CLA: Ab 2025 mit über 750 km Reichweite
Mercedes wird Ende 2024 sein erstes Elektroauto auf Basis von MMA vorstellen, den CLA. Das Modell, mit dem Mercedes die EQ-Nomenklatur ablegt und wieder zu den alten Modellnamen zurückkehrt, soll aber erst 2025 auf den Markt kommen.
Bei der Präsentation der Studie Vision CLA auf der IAA wurden über 750 Kilometer Reichweite und ein Verbrauch von rund 12 kWh/100 km versprochen. Mit beiden Werten liegt Mercedes besser als Audi und Porsche. Das Mercedes-Modell würde damit sicher zu den sparsamsten E-Autos auf dem Markt gehören; schließlich braucht sogar der sparsamste Fiat 500 Elektro noch 13 kWh/100 km. Bei der Reichweite müsste sich das Auto derzeit nur dem Lucid Air (bis 883 km) und dem Mercedes EQS (bis 783 km) geschlagen geben.
Mercedes CLA: Bis 750 km Reichweite
BMW-Limousinenstudie auf Basis der Neuen Klasse
BMW Neue Klasse: 30 Prozent höhere Reichweite als bisher
BMW schließlich bringt 2025 eine Mittelklasse-Limousine (wohl i3 genannt) und ein SUV (wohl iX3) auf Basis der Neuen Klasse. Aufgeladen wird mit bis zu 270 kW, und die Plattform lässt Batterien mit 75 bis 150 kWh zu. Die Reichweiten sollen 30 Prozent höher sein als bei den derzeitigen Elektro-BMWs. Genaue Werte hat BMW noch nicht genannt, doch der derzeit reichweitenstärkste BMW, der iX mit einer 105-kWh-Batterie, schafft bis zu 633 km. Damit dürfte die Neue Klasse mindestens auf Augenhöhe mit Mercedes liegen, glaubt die Automobilwoche.
Bei der Reichweite kann die Plattform PPE möglicherweise nicht mit der Neuen Klasse und MMA mithalten. Immerhin ist Audi froh, nach einer langen Durststrecke ohne neue Elektro-Modelle endlich wieder frische Autos zu haben. Und PPE soll den technologischen Abstand zu den Rivalen gering halten. Eine Nachfolge-Plattform ist nach dem Artikel erst für 2027 zu erwarten. Dann soll das erste Modell von Porsche auf der neuen Scalable Systems Platform SSP starten. Diese soll angeblich auch den geplanten Elektro-Golf tragen.
Unser Titelbild zeigt die Premium Platform Electric mit Chassis, Batterie und elektrischem Allradantrieb.
Quelle: Automobilwoche (Paywall)