Die Debatte ist heiß: Sind die Reparaturkosten eines Elektroautos niedriger als beim Verbrenner, weil der Stromer weniger Verschleißteile hat? Oder höher, weil die Batterie kaputt gehen kann? Ein Artikel auf Standard.de sprach kürzlich mit zwei Experten und hat die Sachlage gut zusammengefasst.
Erst kürzlich meldete die Autovermietung Hertz, dass man 20.000 Elektroautos "ausflotten" (also aus der Flotte werfen) will, weil die Reparaturkosten zu hoch sind. Auch Konkurrent Sixt verkündete, man verkleinere seine Tesla-Flotte, unter anderem wegen höherer Reparaturkosten. Vermieter haben viel mehr Erfahrung mit Reparaturen als wir Privatleute. Sollten wir ihre Erfahrungen also nicht nutzen?
Nun, ein Mietauto wird oft rabiater behandelt als das eigene, sagt Bernhard Matschl, der Chef des Elektromobilitätsklubs Österreich (EMC). "Eigenüberschätzung und Unkenntnis im Umgang mit Elektrofahrzeugen sind zudem weitere Faktoren, die ein Unfallrisiko erhöhen – und somit erhöhte Reparaturkosten für den Vermieter bedeuten", so der Experte. Wer die hohe Beschleunigung in einem Elektroauto nicht jeden Tag erlebe, würde tendenziell stärker auf die Tube drücken als Besitzerinnen und Besitzer. So komme es häufiger zu Schäden. ÖAMTC-Technikexperte Christian Klejna stimmt dem im Grunde zu.
Nach einer Auswertung des Versicherungsverbands GDV ist die Zahl der Unfälle bei privaten Elektroautos tatsächlich niedriger als bei Verbrennern. Doch die Schadenhöhe ist um 30 bis 35 Prozent höher. Zu den Gründen gehörten seien die hohen Kosten für beschädigte Antriebsbatterien. Aber die Werkstätten seien auch oft noch unsicher im Umgang mit verunfallten Stromern. So würden sie oft zu lang in Quarantäne gelagert oder vorsichtshalber in Tauchbädern gelassen, was zu Totalschäden führe. Außerdem ließen viele Werkstätten die E-Autos oft unnötig lange stehen und berechneten überhöhte Stundensätze.
Reparaturkosten von Elektroautos im Vergleich zu Verbrennern (Quelle: GDV)
Grundsätzlich müsse man zwischen Instandsetzung nach einem Unfall und Instandhaltung wegen Verschleiß unterscheiden, so der Artikel. Muss nach einem Unfall die Traktionsbatterie getauscht werden, so könne das je nach Modell schon mal 20.000 Euro kosten, so Klejna. Allerdings sei das oft gar nicht nötig. Manche Hersteller tauschten schon nach der Auslösung einer bestimmten Airbagstufe die ganze Batterie. Andere überprüfen den Akku und reparieren ihn wenn nötig oder tauschen einzelne Module aus.
In Sachen Instandhaltung seien die Kosten von Elektroautos aber geringer, sagt Klejna. Der Grund: Es gibt weniger Verschleißteile wie Zahnriemen oder Auspuffrohre und auch der Ölwechsel entfällt. Auch Trommel- oder Scheibenbremsen wurden durch das rekuperative Bremsen weniger belastet. Wobei hier bei Leuten, die wenig fahren, Rost ein Problem sein, wie wir hinzufügen würden.
Was die Haltbarkeit des Akkus angeht, so würden Batterien durch Alterung Kapazität verlieren, aber solange die Reichweite für die eigenen Bedürfnisse ausreiche, gäbe es keinen Handlungsbedarf, so EMC-Chef Matschl. Er selbst kenne einen Tesla-Fahrer, der mit seinem Auto über eine Million Kilometer fuhr, bevor er den Akku wechseln musste, "aber nicht weil er kaputt war, sondern weil ihm die Kapazität einfach für seine Ansprüche zu gering geworden ist."
Auch eine Analyse des Fraunhofer-Instituts von 2023 deutet darauf hin, dass Elektroautos bei Berücksichtigung aller Faktoren weniger Kosten verursachen. Die Kosten für die Anschaffung sowie eine Wallbox sind hoch, doch bei den Betriebskosten spare man, insbesondere, wenn man mit selbst erzeugtem Solarstrom lädt. Die Analyse berücksichtigte auch Wartung, Versicherung und Steuern. Die Rentabilität variiere zwar je nach Fahrzeugtyp und Ladeoptionen, aber Stromer könnten durchaus innerhalb einer relativ kurzen Zeitspanne die gleichen Gesamtbetriebskosten erreichen wie Verbrenner.
Unterm Strich
Die Wartungskosten sind bei einem Elektroauto in der Regel kleiner als bei einem Verbrenner, weil es weniger Verschleißteile gibt. Auch die Reichweite sinkt meist erst nach vielen Jahren. Bei einem Unfall kann es allerdings teuer werden – vor allem, wenn der Hersteller den Austausch der ganzen Batterie empfiehlt, auch wenn das gar nicht nötig ist.
Unser Titelbild zeigt die Batterie eines Elektrofahrzeugs von unten.
Quelle: Standard.de, Reuters (Hertz und Sixt), GDV, Fraunhofer-Studie