Jaguar Land Rover (JLR) priorisiert die reine Elektromobilität herunter und favorisiert stattdessen Plug-in-Hybride. Dieses Fazit ergibt sich aus Äußerungen von Firmenchef Adrian Mardell gegenüber Automotive News Europe bzw. der deutschen Schwesterpublikation Automobilwoche.
Bisher bietet die zum indischen Tata-Konzern gehörende Doppelmarke nur ein einziges batterieelektrisches Auto (BEV) an: den schon reichlich angejahrten Jaguar I-Pace. Letztes Jahr wurden davon in Deutschland gerade mal 200 Stück verkauft. Doch vor drei Jahren hatte JLR eine leuchtende Elektro-Zukunft angekündigt: Jaguar solle bis 2025 zur reichen Elektromarke werden, Land Rover werde sechs BEVs erhalten, hieß es damals.
Der Jaguar I-Pace startete Ende 2018, doch es kommt einem vor wie eine Ewigkeit ...
Seither wechselte der JLR-Chef, auf Thierry Bolloré folgte vor einem halben Jahr Adrian Mardell. Er senkt das Ziel von Land Rover nun von sechs auf vier BEV-Modelle bis 2026. Bis dahin sollen zudem zwei Jaguar-BEVs starten. Davon, dass Jaguar nächstes Jahr zur reinen Elektromarke werden soll, ist nicht mehr die Rede.
"Wir sind etwas langsamer, als wir vor drei Jahren gesagt haben", sagte Mardell bei einer Telefonkonferenz am 2. Februar. "Wir nehmen uns Zeit, um sicherzustellen, dass wir die besten Fahrzeuge, die wir je entwickelt haben, auf den Markt bringen."
Vom Range Rover Electric zeigte der Hersteller im Dezember erste Teaserbilder
Zu den vier BEV-Modellen von Land Rover gehört auf jeden Fall der elektrische Range Rover. Der Wagen hat ein 800-Volt-System und basiert auf der Modularen Längsarchitektur MLA, die auch die Verbrennerversionen trägt. Als erster Stromer der SUV-Marke soll er dieses Jahr auf den Markt kommen. Bestellen kann man den Neuling noch nicht, aber die Warteliste wurde im Dezember geöffnet, und seither haben sich bereits 16.000 Personen eingetragen, die sich für das Auto interessieren.
Ebenfalls auf der Plattform MLA basieren wird der elektrische Range Rover Sport, den JLR im Jahr 2023 ankündigte. Dann folgen kleinere Modelle auf Basis der elektrifizierten modularen Architektur (EMA). Dabei dürfte es sich nach dem Bericht um einen elektrischen Nachfolger des Range Rover Evoque und des Range Rover Velar handeln. Das wären dann die vier angekündigten BEVs. Ein Elektro-Defender könnte nach 2026 folgen.
Der aktuelle Velar dürfte 2025 eine Elektroversion erhalten
Jaguar will 2025 einen elektrischen Gran Turismo auf den Markt bringen, das auf einer separaten Jaguar Electrified Architecture (JEA) basiert, so der Bericht. Mit Preisen jenseits von 100.000 Euro soll dieser Viertürer gegen den Porsche Taycan antreten. Zu dem zweiten Jaguar-BEV ist noch nichts bekannt.
Zum genauen Startdatum der insgesamt sechs Elektrofahrzeuge sagte Mardell, die beiden EMA-Fahrzeuge würden zwölf Monate nach den teureren MLA-Range-Rovern auf den Markt kommen, die Jaguar-Modelle erst danach.
Generell will sich JLR aber nun stärker auf Plug-in-Hybride (PHEVs) konzentrieren und begründet das mit der Nachfrage: Bei anderen Herstellern könne man beobachten, dass die Einführung der BEVs "ein wenig ins Stottern gerät", so Mardell. Der Absatz von PHEVs von JLR aber stieg 2023 um 68 Prozent. Die hohe Akzeptanz für PHEV sei eine Überraschung gewesen. So wolle man nun mehr PHEVs bringen. Auch Ford will sich wegen der schwächelnden BEV-Nachfrage mehr auf Hybride konzentrieren, hieß es kürzlich.
Unter dem Strich
Die Elektro-Euphorie der Hersteller scheint sich gelegt zu haben. Inzwischen erscheinen Hybride und Plug-in-Hybride vielen wieder als attraktive Zwischenlösung. Doch PHEVs werden selten elektrisch bewegt, weswegen ihre niedrige Dienstwagen-Besteuerung eigentlich ein Unding ist. Außerdem fahren sie im Elektromodus deutlich ineffizienter als reine Elektroautos, wie uns kürzlich ein Porsche-Ingenieur sagte.