Es gibt immer wieder Firmen, die den Elektromotor in die Räder einbauen wollen. Doch solche elektrische Radnabenmotoren sind absolut keine gute Idee, findet Martin Doppelbauer, Professor für Hybridelektrische Fahrzeuge am Elektrotechnischen Institut des renommierten Karlsruher Instituts für Technologie (KIT). Warum, das erklärt er in einer Folge des Youtube-Batterie-Podcasts "Geladen". 

Dass der Radnabenmotor nicht gut zum Antrieb von Pkw taugt, erklärt Doppelbauer zunächst mit reiner Physik: Die elektrische Leistung P des Motors ist das Produkt von Drehmoment und Winkelgeschwindigkeit (einfach gesagt: die Drehzahl).

Die Drehzahl könne man relativ leicht steigern, aber das Drehmoment zu steigern, "tut mir richtig weh", so Doppelbauer. Denn dazu müsse man mehr Strom durch die Leiter schicken, was Verluste, dickere Kabel oder teurere Materialien bedingt. Deshalb ist es besser, die Leistung über höhere Drehzahlen zu erzeugen.

Der Radnabenmotor aber drehe nur so schnell wie das Rad – und das sind nur etwa 1.200 bis 1.500 U/min – beim Zentralmotor ist es etwa das Zehnfache. Beim Zentralmotor wird der große Unterschied zwischen der (hohen) Drehzahl des Motors und der (geringen) Drehzahl des Rades durch ein Untersetzungsgetriebe ermöglicht. Ein Getriebe aber passe nicht ins Rad, so Doppelbauer.

Dazu kämen weitere Effekte: Es sei nicht so klug, die ungefederte Masse im Rad zu erhöhen, weil das Fahrverhalten darunter leidet. Außerdem brauche man statt einem Elektromotor bis zu vier. Dann brauche man auch viermal die Leistungselektronik, viermal Kabel, die sich durch das ganze Auto ziehen. "Ich muss viermal einen Kühlschlauch hineinlegen und wieder hinauslegen. Ist das eine gute Idee? Ich glaube nicht," so Doppelbauer. 

Einziger Vorteil wäre, dass man Platz im Auto spare. Dafür kommen aber viele andere Komponenten hinzu. Außerdem sei das Ganze deutlich teurer. Allenfalls bei Traktoren mit ihren großen Antriebsrädern oder bei Spezialzeugen, die besonders niederflurig sein sollen, kämen Radnabenmotoren in Betracht.

Die Moderatoren des Podcasts halten Doppelbauer entgegen, dass zum Beispiel Continental mit dem Startup DeepDrive das Radnabenkonzept verfolgt. Der Fachmann lässt sich davon nicht beirren: Die Physik lasse sich nicht austricksen.

Ebenfalls interessant für alle, die sich mit den Grundlagen des Elektroantriebs noch nicht so gut auskennen, und Einschätzungen vom Fachmann:

Unter dem Strich

Radnabenmotoren in Elektroautos sind bislang eine Randerscheinung, auch wenn sie auf den ersten Blick als elegante Lösung erscheinen. Auch wir waren bislang davon fasziniert – zum Beispiel weil die Konstruktion vereinfacht und ein Torque Vectoring ermöglicht wird.  Doch die Argumente des Elektrotechnik-Professors haben uns ins Grübeln gebracht. Zumindest sind sie Anlass, wieder mal über die Physik des Elektroantriebs nachzudenken.