"Kauft keine Elektroautos", rät ein erfahrener-Kollege öfter den Neulingen unter den Journalisten. Und wenn dann die Unterkiefer vor Staunen herunterklappen, fügt er hinzu: "Least sie!" Ein guter Rat, denn so läuft man nicht Gefahr, nach ein paar Jahren mit einem hoffnungslos veralteten Auto dazustehen, das einem keiner mehr abnimmt. Doch nun droht das Leasinggeschäft zusammenzubrechen, schreibt Reuters.
Der Grund für die Probleme sind die niedrigen Wiederverkaufswerte für E-Autos. Diese haben die Leasingfirmen in Europa in den letzten drei Jahren gezwungen, die Preise zu verdoppeln. Einige Anbieter überlegen sogar, das Geschäft ganz aufzugeben.
Zu den Gründen für die niedrigen Gebrauchtwerte gehört offenbar genau das, was den Kollegen zu seinem Ratschlag veranlasst hat: Batterien von heute sind in drei, vier Jahren veraltet. Und das führt dazu, dass die Leasinganbieter für die zurückgegebenen Autos nicht mehr viel bekommen – was sie in die Leasingraten einrechnen müssen.
Damit reguliert sich der Markt selbst. Allerdings führen hohe Leasingraten für Elektroautos auch dazu, dass die Stromer unattraktiver werden. Und das macht durchaus was aus, denn in Europa werden rund 80 Prozent aller Elektroautos geleast. Denn die gewerbliche Kundschaft, least die Fahrzeuge sowieso in aller Regel. Aber auch von den Elektroautos, die an Privatleute gehen, wird die Hälfte per Leasing erworben.
Da man heute noch nicht genau weiß, wie sich die Energiedichte der Batterien weiter entwickelt, tragen die Firmen zudem ein gewisses Risiko, das eingepreist werden muss. Hinzu kommen weitere Risiken, wie zum Beispiel Preissenkungen für Neuwagen à la Tesla. Auch der Import günstiger Stromer aus China könnte zu sinkenden Gebrauchtpreisen führen.
Aus diesen und ähnlichen Gründen sind die Preise für gebrauchte Elektroautos in Europa seit dem Höchststand im Oktober 2022 deutlich gesunken. In Deutschland sollen sie heute 24 Prozent unter dem Niveau von vor der Pandemie liegen. Im gleichen Zeitraum stiegen die Gebrauchtwerte bei Benzinern sogar, und zwar gleich um 15 Prozent.
In Deutschland sind die Leasingraten für Elektroautos in den letzten drei Jahren stark gestiegen, wie Daten des Center for Automotive Research (CAR) zeigen. Danach kostete das Leasing eines 45.000 Euro teuren Stromers im August 2021 noch 284 Euro pro Monat, während für einen vergleichbaren Verbrenner 473 Euro verlangt wurden. Wer heute ein solches E-Auto leasen möchte, muss mit 621 Euro mehr als doppelt so viel zahlen als vor drei Jahren, während die Leasingrate Preis für das Verbrennermodell auf 468 Euro gefallen ist. Zu den Folgen gehört, dass der Elektroauto-Anteil an den gesamten Autoverkäufen deutlich gesunken ist.
Sorge bereitet vor den Leasingunternehmen vor allem die unsichere Zukunft auch in Hinsicht auf mögliche politische Maßnahmen. So fordert die Umweltorganisation Transport & Environment (T&E), dass die EU große Firmenflotten und Leasingunternehmen dazu verpflichtet, bis 2030 komplett auf Elektrofahrzeuge umzusteigen. Das würde auch für mehr elektrische Gebrauchtwagen auf dem Markt sorgen, was Privatleuten zugute käme und die Umstellung auf Elektroantrieb beschleunigen würde, so T&E. Es ist ungewiss, ob es dazu kommt, aber Leasingunternehmen nehmen solche Forderungen ernst.
Unter dem Strich
Die allermeisten Elektroautos werden geleast, und nicht gekauft. Doch niedrige Wiederverkaufspreise bei Elektroautos zwingen die Leasing-Anbieter zu immer höheren Raten – während diese bei Verbrennern fallen. Das macht Elektroautos im Vergleich zu Verbrennern immer unattraktiver.
Quelle: Reuters