Als getarnten Prototyp und mit noch spärlichen Infos im Gepäck durften wir den neuen BMW 5er schon Anfang des Jahres bewegen. Ende Mai 2023 war es dann soweit und der Hersteller zog offiziell die Tücher von der neuen Business-Limousine der oberen Mittelklasse. So konnten wir exakt 50 Jahre nach der ersten 5er-Generation endlich einen ausführlichen Blick auf Nummer 8 werfen. Und jetzt? Jetzt stand die nächste Testfahrt an. Elektrisch.

Was ist das?

Bevor wir Ihnen hier aber näher bringen möchten, wie gut (oder schlecht) der intern G60 getaufte Wagen in seinen zwei ersten Elektro-Versionen geworden ist, werfen wir noch kurz einen Blick auf das Exterieurdesign und die allgemeinen technischen Daten.

Also ... der BMW i5 ist technisch gesehen eher mit dem 7er als dem 3er verwandt. Im Vergleich zum alten 5er ist er deshalb knapp zehn Zentimeter länger geworden. Er misst jetzt stolze 5,06 Meter. Breite, Höhe und Radstand legen ebenfalls etwas zu. Diese Zuwächse kann man allerdings vernachlässigen. Ob sich die Verwandtschaftsverhältnisse mit ihren stärkeren Tendenzen zur Luxusklasse und weniger zur Mittelklasse im Fahrverhalten wiederspiegeln? Dazu später mehr.

BMW i5 eDrive40 (2023) im Test
BMW i5 eDrive40 (2023) im Test
BMW i5 eDrive40 (2023) im Test

Die Front ist jedenfalls geprägt von den typischen Doppelscheinwerfern und der Niere, die – wie im BMW i7, den wir im gleichen Zug als neue M70 xDrive-Topversion fahren konnten – optional beleuchtet werden kann. Ein Feature, das heute anscheinend in keinem Optik-Katalog für Autogestaltung fehlen darf.

Was uns an der Nase gefällt? Die Größe der Nieren und der Verzicht auf die 4-Augen-Optik des 7ers. Was uns nicht gefällt? Das etwas beliebig wirkende Design, das den Wagen zu kompakt wirken lässt. Der cW-Wert von 0,23 ist zwar eine coole Sache, aber hier könnte optisch auch ein 1er stehen. Oder ein 2er Active Tourer. Oder ein tiefergelegter X3.

Bildergalerie: BMW i5 eDrive40 (2023) im Test

Seitlich gibt es schwarze Seitenschweller, bündig integrierte Türgriffe und eine eingeprägte Ziffer 5 am Fuß der C-Säule im Hofmeister-Knick. Das Heck weiß ebenfalls zu überzeugen. Mit LED-Rückleuchten, die vielleicht etwas nach asiatischem Automobilbau aussehen mögen, aber einem insgesamt sehr schön bündigen und sauberen Fahrzeugabschluss.

Antriebe in allen Geschmacksrichtungen

So schön sachlich clean und einfach das Design daherkommt, so umfangreich ist die Antriebsauswahl, die komplett in unterschiedlich hohen Dosierungen elektrifiziert ist: 520i und 520d (auch mit xDrive-Allrad erhältlich) sind mit 2,0-Liter-Vierzylinder-Motoren ausgestattet, die mit Benzin- oder Dieselkraftstoff laufen und die von einem 48-Volt-Mildhybrid-System unterstützt werden.

530e und 550e xDrive heißen die Plug-in-Hybride mit entweder viel E-Reichweite im 30e (max. 103 km laut WLTP) oder ordentlich Power aus einem Reihensechszylinder-Benziner und Elektromotor im 50e xDrive (489 PS). 

Zum Start gibt es aber auch zwei Elektro-Varianten, die wir jetzt fahren konnten. Eine mit Heck- und eine mit Allradantrieb. Im Verlauf des Jahres 2024 soll dann noch "eine weitere Variante des BMW i5 mit elektrischem Allradantrieb" folgen. Wir tippen darauf, dass zwischen die aktuellen Modelle i5 eDrive40 und i5 M60 xDrive noch ein Derivat namens i5 xDrive50 ziehen könnte. Wahrscheinlich mit einer Leistung von rund 300 kW, um die doch recht große Lücke zwischen dem 40er (250 kW) und dem 60er (442 kW) zu schließen.

BMW i5 M60 xDrive (2023) im Test
BMW i5 eDrive40 (2023) im Test

Ebenfalls könnte (hier aber eindeutig könnte, weil es noch keine offiziellen Infos dazu gibt) eine weitere E-Version am unteren Ende der 5er-Nahrungskette ergänzt werden. In Form eines i5 eDrive35. Mit 210 kW starkem Hinterradantrieb und kleinerem 66 kWh-Akku (bisher haben die Elektro-5er immer die große 81 kWh-Batterie an Bord). Wie wir darauf kommen? Einfach mal einen Blick auf das Einstiegsmodell der i4-Baureihe werfen.

Jetzt sollten wir aber einen Blick auf die technischen Daten unserer heutigen Testfahrzeuge werfen und uns endlich auf die Strecke begeben ...

  BMW i5 eDrive40 BMW i5 M60 xDrive
Antrieb RWD AWD
Leistung 250 kW 442 kW
Drehmoment 430 Nm 820 Nm
0-100 km/h 6,0 Sek. 3,8 Sek.
Höchstgeschwindigkeit 193 km/h 230 km/h
WLTP-Stomverbrauch 15,9 – 19,5 kWh/100km 18,2 – 20,6 kWh/100km
Akkukapazität (netto) 81 kWh 81 kWh
Reichweite 477 – 582 km 455 – 516 km
Aufladen bis 11 kW AC, bis 205 kW DC bis 11 kW AC, bis 205 kW DC
Ladedauer mit DC (10 – 80%) ca. 30 Min ca. 30 Min
Basispreis 70.200 Euro 99.500 Euro

Freude am Gefahren werden

"Am Gefahren werden"? Wie bitte? Wir sitzen hier doch nicht im Fond eines 7ers, sondern hinterm Lenkrad einer Business-Limousine, die möglichst erbarmungslos (und vor allem manuell) über das deutsche Autobahnnetz getrieben werden möchte. Ja ... das stimmt schon. Aber jetzt gibt es im neuen 5er eben auch diesen neuen Assist Plus-Modus bei dem man die Hände endlich komplett weg vom Lenkrad lassen kann. 

Wie das geht? Eine Kamera im Instrumentendisplay checkt, was unsere Augen während der Fahrt so machen. Sie müssen weiter auf die Straße gerichtet sein, während die Hände im Schoß jetzt blind einen Zauberwürfel lösen könnten. Oder Blindenschrift lesen. Oder Kartoffel schälen. Oder Socken stricken. Ihrer Fantasie sind da keine Grenzen gesetzt. Das Ganze funktioniert bisher nur auf Autobahnen in Deutschland und den USA bis zu einem Tempo von 130 km/h.

BMW i5 M60 xDrive (2023) im Test
BMW i5 eDrive40 (2023) im Test

Und zwar ziemlich gut. Wir sind erstaunt, wie schnell man tatsächlich dem System vertraut. Selbst wenn komplexere Fahrmanöver anstehen. Wird beispielsweise ein Spurwechsel nötig, weil man auf deutlich langsameren Verkehr aufläuft (hier reicht ein Tempo-Unterschied ab 7 km/h), schlägt das Display den Spurwechsel einfach vor.

Dann schaut man schnell in den entsprechenden Außenspiegel für eine Bestätigung und der i5 erledigt den Rest mit einer sich zwar immer noch recht unnatürlich anfühlenden, aber doch recht flotten Fahrspuränderung. 

Ebenfalls ein cooles Feature: Erkennt der Level-3-Autobahn-Pilot einen zu kleinen Kurvenradius für die gewählte Geschwindigkeit, wird das Tempo automatisch und sanft angepasst, um nicht unnötig frisch gewonnenes Vertrauen zu verspielen.

Jetzt aber selbst ans Steuer ...

Und wir starten mit dem eDrive40, der schon sehr schön nach vorne geht. Allerdings verstummen die Jubelgesänge über das direkt anliegende Drehmoment doch etwas. Selbst im Sport- oder Boost-Modus.

Ja ... der i5 ist auch im aktuellen Basismodell noch ziemlich schnell, aber gerade die Elastizität bei höheren Geschwindigkeiten und das blitzschnelle Ansprechen des Antriebsstrangs bei Befehlseingabe über das Gaspedal sind mittlerweile doch beeindruckender als die ersten 0,2 Sekunden bei der Beschleunigung aus dem Stand.

BMW i5 eDrive40 (2023) im Test

Bei weniger Ambitionen lässt sich der i5 eDrive40 eigentlich wie ein sehr gut gedämmter Verbrenner-5er bewegen. Aber mit wahrscheinlich (wahrscheinlich, weil wir den 520i und den 520d noch nicht fahren konnten) deutlich satterer Straßenlage. Ein Dank geht raus an das steife Chassis, den tiefen Schwerpunkt, die aktive Integral-Lenkung und das serienmäßige Adaptiv-Fahrwerk.

In schnellen Kurven ist der M-lose i5 ebenfalls nur schwer aus der Ruhe zu bringen. Die messerscharfen Reaktionen in Fahrwerk und Lenkung fehlen zwar etwas, aber für ein komfortablen Autobahn-Gleiter ist das schon alles ziemlich fein.

Sie wollen es beherzter und noch etwas beherrschbarer? Dann kommt man um das "M" im Namen nicht herum. Denn dann gibt's zwei E-Motoren, Allrad, fast 200 kW mehr Leistung, nahezu doppelt so viel Drehmoment, Einzelradansteuerung (ein physisches Sperrdifferenzial würde ja auch wenig Sinn ergeben) das M-Fahrwerk mit sportlicherer Abstimmung, Stahlfedern vorne und Luftfedern hinten, eine elektronische 48-Volt-Wankstabilisierung, Hinterradlenkung und eine bessere Gewichtsverteilung zwischen Vorder- und Hinterachse.

BMW i5 M60 xDrive (2023) im Test

Klingt nach dem sprichwörtlichen "Brett", das auf auf der Straße liegt. Aber ... bewegen darf sich das Fahrzeug trotzdem noch und in Ansätzen fühlt sich beispielsweise die Wankneigung (und damit auch der Komfort) im i50 M60 xDrive ziemlich identisch zum eDrive40-Verhalten an. Gewicht? Das ist jeweils nebensächlich. Erstaunlich, oder? Denn schließlich werden hier gerade 2,2 oder 2,4 Tonnen durch die Gegend geschleudert.

Bildergalerie: BMW i5 M60 xDrive (2023) im Test

Allerdings geschehen all diese Lastveränderungen oder Schwingungen viel schneller und weniger ausladend. Dazu die etwas besser über die Lenkung kommunizierende Vorderachse und schon könnte sich der gemeine BMW-Fan auf wilde M-Drifts freuen. Aber qualmende Reifen und ausbrechende Hinterteile sind nicht vorgesehen und wurden dem Elektro-M im 5er-Gewand konsequent ausgetrieben.

So sehr, dass es fast egal ist, an welchem Punkt der Kurve und bei welchem Lenkeinschlag man wieder voll auf Tube drückt. Es gibt immer nur Vortrieb. Gefällt uns. Auch wenn wir bei diesen Eigenschaften öfter an RS-Modelle von Audi denken müssen.

Was sollte man sonst noch wissen?

Zum Beispiel, dass es im Cockpit nur noch wenige Tasten und Regler gibt. Die meisten Funktionen werden über das Curved Display mit dem aktuellsten BMW iDrive-System 8.5 gesteuert. Es besteht aus einem 12,3-Zoll-Instrumentendisplay und einem 14,9-Zoll-Touchscreen. Dazu gibt es ein Multifunktions-Lenkrad, dessen Bedienfelder jetzt ein haptisches Feedback liefern.

Ein weiteres Highlight (oder Lowlight) ist die optionale Interaction Bar – eine hinterleuchtete Funktionseinheit mit kristalliner Oberflächenstruktur, die mit ihren Touch-Feldern über die gesamte Breite der Instrumententafel reicht. Kennt man in noch größerer Form aus dem 7er.

BMW i5 M60 xDrive (2023) im Test
BMW i5 eDrive40 (2023) im Test

Die Platzverhältnisse sind in der ersten Reihe durchaus gut. Im Fond geht es für ein Modell der oberen Mittelklasse etwas beengter zu. Fahrzeuge dieser Größe, die als reine Elektroautos konzipiert wurden, schneiden hier deutlich besser ab. Trotzdem sollte sich der Nachwuchs nicht beschweren können. Selbst wenn der Theatre Screen aus dem 7er fehlt und man Paw Patrol oder Peppa Pig auf einem dagegen winzigen Tablet genießen müsste.

Und jetzt noch ein paar Zahlen ...

Beginnen wir mit dem Verbrauch und den Ladegeschwindigkeiten. Beides haben wir ja bereits in der obigen Tabelle aufgeführt. Und mehr Infos können wir zum jetzigen Zeitpunkt auch noch nicht liefern, da wir aufgrund der doch sehr sportlichen Testfahrt weit über den WLTP-Verbräuchen und -Reichweiten lagen. Mit Alltag hat das wenig zu tun.

Aus der Erfahrung mit anderen BMW i-Modellen (beispielsweise dem BMW i4 eDrive35 – hier im Test) wissen wir aber, dass sich die Fahrzeuge des Herstellers mit ihren fremderregten Synchronmotoren immer recht nah an die theoretischen Werte heranfahren lassen.

Womit wir ohne weitere Umwege zu den Preisen kommen. 70.200 Euro verlangt BMW für den i5 eDrive40, knapp 100.000 Euro sind es für den i5 M60 xDrive. Klingt – wie so oft – nach überzogen-überteuertem Elektrozeug. Aber: In der neuen 5er-Baureihe kann man eigentlich nur noch mit dem 190 PS starken 520i ein vermeintliches Schnäppchen machen.

Er beginnt bei 57.550 Euro und ist damit aber auch nur rund 13.000 Euro günstiger. Beim 520d schmilzt die Differenz auf 10.000 Euro, mit Allrad und Diesel auf 8.000 Euro. Der kleine 530e ist nur noch 5.000 Euro billiger und der 550e xDrive dann rund 7.000 Euro teurer. Aber auch leistungsfähiger und mit R6.

Fazit

Man hat uns vor der Fahrt mit den neuen BMW i5-Modellen versprochen, dass man den Spagat zwischen dem Luxus eines 7er und der Agilität eines 3er hinbekommen haben mag. Elektrisch. Klingt verrückt, aber irgendwie hat der Hersteller das auch hinbekommen. Zwar sind selbst gute Kompromisse immer noch Kompromisse, aber wir würden ihn eingehen. 

Darüber hinaus sollt festgehalten werden, dass sich der i5 fahrerisch nicht nur auf brutales 0-100-km/h-geradeaus-Ballern reduzieren lassen muss. Dies können mittlerweile nämlich ziemlich viele Hersteller. Starke E-Motoren bauen und die Kraft irgendwie auf die Straße bringen, ist im Elektro-Zeitalter einfach keine allzu große Kunst mehr.

Fahrwerke und Lenkungen muss man aber noch so wie früher bauen. Und hier ist der Ansatz vom BMW zum in die Hände klatschen. Ob China uns irgendwann elektrisch überrollen wird? Vielleicht ... es gibt gute Gründe dafür. Ein guter Grund dagegen ist aber das ausgewogen sportliche Verhalten der neuen 5er-Baureihe.