Beim Semi Delivery Event am 1. Dezember verkündete Tesla Interessantes zur Ladetechnik: Der Semi lässt sich mit über einem Megawatt aufladen und das Kabel hat eine spezielle Flüssigkühlung. Außerdem verriet Elon Musk bei dem Event: "It's going to be used for Cybertruck, too."
Unklar blieb, ob der Cybertruck an der gleichen Ladesäule geladen wird wie der Semi. Das Video eines Elektro-Experten legt nun nahe, dass es sich um zwei verschiedene Lader mit verschiedenen Steckern handelt.
Jordan Giesige von The Limiting Factor, einem unbedingt empfehlenswerten Kanal in Sachen Batterien, glaubt: Der Cybertruck wird künftig an einem neuen Supercharger V4 geladen, während der Semi andersartige Megacharger-Säulen braucht.
Die Kühltechnik (mit direkt in das wasserbasierte Kühlmittel eingelegten elektrischen Leitern) wäre für beide Lader die gleiche, aber das dickere Kabel des Megachargers für den Semi würde etwa 2,3 MW übertragen, während der Supercharger V4 ein dünneres Kabel erhielte und "nur" etwa 1 MW schafft.
Warum glaubt Jordan, dass es sich um zwei verschiedene Säulentypen handelt? Nun, erstens sind die Stecker verschieden. Das von Teslarati veröffentlichte Bild des Stecker für den Semi besteht aus zwei länglichen Elementen und drei Anschlüssen darunter. Der Stecker des Supercharger V4 sieht in anders aus, wie die 3D-Renderings von ChunkAhoy auf Basis der von Tesla veröffentlichten 3D-Daten zeigen:
Zweitens schreibt Tesla auf seiner Semi-Website: "Fast Charging - Up to 70% of range in 30 minutes." Dafür bräuchte man jedoch deutlich mehr als 1 MW Spitzenleistung, argumentiert Jordan.
Der Semi dürfte in der 500-Meilen-Version eine Batterie mit etwa 900 kWh Speicherkapazität haben, so Jordan. (Wir würden sagen: mindestens, denn das Ding soll 500 Meilen schaffen und 2 kWh pro Meile verbrauchen, was auf 1.000 kWh hinausläuft.) Ausgehend von 900 kWh, müsste der Megacharger 630 kWh in einer halben Stunde in die Batterie pressen. Dazu müsste die durchschnittliche Ladeleistung 1.260 kW (1,26 MW) betragen, die maximale Ladeleistung würde aber noch deutlich höher liegen, höchstwahrscheinlich jenseits von 2 MW.
Geht man von einer handelsüblichen Laderate von 3C aus (d.h. die Ladeleistung ist zahlenmäßig dreimal so hoch wie die aufgeladene kWh-Zahl), dann wären bei einem 900-kWh-Akku für eine 70-Prozent-Ladung etwa 2,3 MW Ladeleistung nötig.
Wie hat es Tesla geschafft, solche Leistungen zu übertragen? Der wichtigste Schlüssel dazu liegt offenbar in der innovativen Kühlung für das Kabel. Schon die neueste aktuelle Version des Tesla-Schnellladers, der Supercharger V3 mit 250 kW Ladeleistung, hat ein gekühltes Kabel. Beim V3 wird ein einfacher Kühlkreislauf eingesetzt, mit einem Zufluss und einem Abfluss. Die elektrischen Leiter sind durch Kabelhüllen für jede Ader davon getrennt. Im rechten oberen Teil des folgenden Tesla-Charts werden sie von den roten und graugrünen Kreisen um die gelben Drähte symbolisiert:

Bei der neuen Kabelkühlung dagegen liegen die elektrischen Drähte direkt im Kühlmittel, wie das Chart erklärt: "HV conductors immersed in return tubes". Wenn elektrische Drähte ohne jede Isolierung im Wasser liegen, kommt es normalerweise zur Elektrolyse, es entstünden Wasserstoff und Sauerstoff und das Kabel würde wohl durch die freiwerdenden Gase platzen. Doch hier existiert nur jeweils eine Elektrode – die positive im positiv geladenen Draht und die negative im negativ gepolten Leiter.
Allerdings dürfen das Kühlwasser um den positiven und das um den negativen Leiter nicht zusammenkommen. Daher hat Tesla im neuen Kabel zwei Kühlkreisläufe vorgesehen, einen für das positiv geladene und einen für das negativ geladene Wasser. Jordan glaubt auch, dass der Supercharger V4 deshalb innen nicht mehr hohl ist wie die Version 3 (siehe Zeichnung unten), weil er ein Kühlungssystem enthält. Wie der Wärmetausch genau funktioniert, hat auch Jordan noch im Detail verstanden.

Jordan glaubt auch, dass der Cybertruck in der ersten Generation die volle Supercharger-V4-Ladeleistung von über 1 MW gar nicht nutzen kann. Weiter vermutet er, dass die Leistung des Supercharger V3 von 250 auf 300 kW erhöht wird. Das würde bei Model 3/Y eine Zeitersparnis beim Schnellladen von zwei bis drei Minuten bringen. Bei Model S und X, die laut Jordan eine bessere Kühlung und eine andere Batteriechemie haben, wären es sogar sechs bis zehn Minuten. Den größten Vorteil würde der Supercharger V4 aber beim Cybertruck mit seiner größeren Batterie bringen – das Auto könnte einen 168-kWh-Akku bekommen, schätzt Jordan.
Wenn Sie sich die Ankündigung des Megachargers durch Tesla nochmal ansehen wollen, hier ist das Video; spulen Sie vor auf 26:30 min:
Quelle: The Limiting Factor