Auf dem Wiener Motorensymposium (27.-28. April 2023) stellt der Regensburger Zulieferer Vitesco eine neue Option für seinen Elektroantrieb EMR4 vor. Zu den Vorteilen der fremderregten Synchronmaschine gehört laut Vitesco der neue Rotor ohne Permanentmagnete, und damit ohne Seltene Erden.
Die vierte Generation des vollintegrierten Achsantriebs trägt den Namen EMR4, wobei die drei Buchstaben für die Bestandteile Electronics (Leistungselektronik), Motor und Reducer (Getriebe) stehen. Der EMR4 soll ab 2024 bei kleineren Hyundai-Modellen zum Einsatz kommen, wie kürzlich vermeldet.
Um die Ökobilanz des Systems zu verbessern, führt Vitesco nun eine zusätzliche Option ein: einen neuen Rotor ohne Permanentmagnete. Dieser Rotor bildet das Herz einer fremderregten elektrischen Synchronmaschine (EESM, Externally Excited Synchronous Machine, auch als fremderregte Synchronmaschine bekannt), für die keine seltenen Erden benötigt werden. Dadurch sinken die Kosten für den Rotor, zudem entfällt der CO2-Rucksack für die Gewinnung und Aufbereitung der Erze, schreibt die Firma.
"Je höher die geforderte Leistungsklasse des Antriebs ist, desto wirtschaftlich attraktiver ist die EESM-Technologie." (Thomas Stierle, Leiter der Vitesco-Abteilung Electrification Solutions)
"Mit dem fremderregten Rotor ohne Permanentmagnete bieten wir unseren Kunden eine besonders nachhaltige Option", sagte Thomas Stierle, Leiter der Vitesco-Abteilung Electrification Solutions. Je höher die Leistung des Antriebs ist, desto wirtschaftlich attraktiver soll die EESM-Technologie sein. Denn hohe Leistungsanforderungen bedingen bei PSM große Magnete, und die sind teuer.
In den meisten Elektroautos arbeiten Synchronmotoren mit Permanentmagneten im Rotor (sogenannte PSM, Permanentmagnet Synchronmotoren). Sie sind effizient und gelten als leichter zu fertigen als fremderregte Maschinen, in deren Rotor Spulen das Magnetfeld erzeugen.

Den EMR4 von Vitesco soll es bald wahlweise mit PSM- und mit EESM-Rotor geben
Vitesco hat nun jedoch die Konstruktion von fremderregten Maschinen verbessert. So gelang es, die gleiche Leistungsklasse für EESM wie für PSM zu erreichen. Zudem haben es die Fachleute geschafft, dass auch der EESM in den vorhandenen Bauraum passt. Möglich macht es offenbar eine spezielle Wickeltechnik.
Doch noch mehr Änderungen sind für den Einsatz der extern erregten Synchronmaschinen nötig: "Natürlich wird für die EESM-Option ein zusätzliches Modul im Inverter zur Ansteuerung der Spulen benötigt", erklärt der Vitesco-Forscher Gerd Rösel. "Trotzdem sind wir einer EESM-Plug-and-Play-Lösung sehr nahe." Das würde heißen: Man kann den EMR4 je nach Bedarf mit einem PSM- oder mit einem EESM-Rotor bestücken.
Neben der Kosteneinsparung für Permanentmagnete, der größeren Versorgungssicherheit und der höheren Nachhaltigkeit nennt der Fachmann noch weitere Vorteile der EESM-Lösung: "Wenn das Fahrzeug energiesparend rollt, spart die fremderregte Maschine pro Kilometer eine Wattstunde Strom, da kein permanentes Magnetfeld den Rotor bremst. Damit reduziert sich der Leistungsbedarf des Antriebes um bis zu fünf Prozent und das ohne mechanische Trennkupplung."
Eine solche Trennkupplung setzt der Hyundai-Konzern für seine Allradantriebe ein, und seit Kurzem auch Mercedes mit seiner Disconnect Unit. Allerdings bringt eine solche Kupplung Mehrkosten und einen erhöhten Regelungsaufwand mit sich.
In Wien zeigt Vitesco auch ein Batteriemanagement-System (BMS) mit einem neuen Batteriedrucksensor, der Ausgasungen im Inneren des Batteriemoduls erkennt. Außerdem werden ein Thermomanagement-Modul, ein H2 Leakage Sensor für Wasserstoff-Brennstoffzellenautos und eine Demoversion seines 48-Volt-Antriebs für elektrische Leichtkrafträder und Scooter gezeigt.
Quelle: Vitesco