Die bisherigen Batterien der E-GMP-Fahrzeuge aus dem Hyundai-Kia-Genesis-Konzern speicherten 53, 58, 63, 73, 77 oder 84 kWh und alle waren aus den gleichen Modulen aufgebaut. Doch mit dem Kia EV9 und seiner 100 kWh großen Riesenbatterie ändert sich das. Wie kommt diese Speicherkapazität zustande? Das neueste der berühmten "Teardown"-Videos von Munro Live gibt Hinweise darauf.

Die neue Batterie besteht aus 38 Modulen. Wie bei den bisherigen E-GMP-Batterien, die wir von einem koreanischen Teardown-Video her kennen, liegen die Module größtenteils längs im Auto. Anders als bisher befinden sich aber hier nicht acht, sondern neun Module in einer Reihe. Vier solcher Reihen ergeben 36 Module, die restlichen zwei sind am vorderen Ende der Batterie quer eingebaut (siehe unser Screenshot oben).

Die Batterie speichert laut Kia 99,8 kWh, was der Bruttowert ist. Bei den älteren E-GMP-Akkus speicherte ein Modul etwa 2,42 kWh brutto. Bei den Modulen des EV9 sind es jedoch 99,8 kWh/38=2,63 kWh: ein erster Hinweis auf neue Module.

Die 38 Module des Akkus sind laut dem neuen Munro-Live-Video identisch und bestehen (wie bei den bisherigen Modellen) aus jeweils 12 Pouch-Zellen. Damit ergeben sich 456 Zellen. Jedes Modul besteht aus vier Gruppen mit jeweils drei Zellen. Die drei Zellen pro Modul sind in Reihe geschaltet, das heißt die Modulkonfiguration ist 4s3p, wie Tom Prucha in dem neuen Film erzählt. Damit sind sie anders verschaltet als bisher, denn zum Beispiel beim 77-kWh-Akku hatte jedes Modul die Konfiguration 6s2p:

Die bisherige Modulkonfiguration war 6s2p, wie dieses Video zum Ioniq 5 mit 77 kWh bei 22:05 min zeigt

Der Grund für die Verwendung neuer Module ist offenbar die hohe Speicherkapazität von fast 100 kWh, die eine größere Zahl von Zellen erforderte. Beim 100-kWh-Akku sind es 456 Zellen, bei der 84-kWh-Batterie und beim 77-kWh-Vorgänger waren es nur 384 Zellen. Mit den alten Modulen wäre die Spannung zu hoch gewesen, beim Kia EV9 müssen mehr Zellen pro Modul parallel geschaltet werden, es wurde eine 4s3p-Konfiguration nötig.

  Modell Zahl der Zellen/Module Batteriekonfiguration
53 kWh Hyundai Ioniq 6 Basis 264 / 22 (6s2p) 132s2p
58 kWh Kia EV6 Basis 288 / 24 (6s2p) 144s2p
63 kWh Ioniq 5 Facelift Basis 288 / 24 (6s2p) 144s2p
73 kWh Ioniq 5 (bis 2022) 360 / 30 (6s2p) 180s2p
77 kWh Ioniq 6, Kia EV6, Genesis GV60/GV70 384 / 32 (6s2p) 192s2p
84 kWh Ioniq 5 Facelift 384 / 32 (6s2p) 192s2p
100 kWh Kia EV9 456 / 38 (4s3p) 152s3p

Alle 38 Module sind in Reihe geschaltet. Damit ergibt sich eine Batteriekonfiguration von 152s3p, was sich mit den Angaben von EV-Database deckt. 152 in Reihe geschaltete Lithium-Ionen-Zellen (mit einer Spannung von rund 3,6 Volt) ergeben etwa 550 Volt. Die tatsächliche Spannung gibt Tom Prucha im Video mit maximal 643 Volt und minimal 462 Volt an.

Der übrige Aufbau der Batterie ähnelt dem bisherigen Layout. Der Akku wird mit zahlreichen Bolzen am Chassis befestigt, die meisten außenherum, aber acht führen auch durch das Akkupaket hindurch. Prucha zeigt auch einige Überdruckventile, die bei einem thermischen Durchgehen entstehende Gase abgeben, sowie die orangefarbigen Hochvoltanschlüsse für die vordere und hintere Elektromaschine.

Gekühlt wird wie bisher von unten durch eine einzige Kühlplatte für die gesamte Batterie mit einem einzigen Zugang und einem einzigen Ausgang für das Kühlmittel. Der Aufbau mit nur einer Kühlplatte (statt einer Platte für jedes Modul) erleichtert Montage und Demontage. Eine unter dem Akku liegende Isolationsplatte aus einem Verbundwerkstoff schützt die Batterie im Winter vor Kälte.

Von unten sichtbar sind außerdem zwei Öffnungen am vorderen Batterieende, die den Zugriff auf das Batteriemanagement (BMS) und einen Schütz (einen Hochvolt-Schalter) erlauben. Prucha erklärt auch, wie die 38 Module über die orangefarbenen Busbars (Sammelschienen) verbunden sind. Der Fachmann zeigt auch die kleinen Kabel-Anschlüsse an jedem Modul, mit denen die Spannung von jeder der vier Zellgruppen überwacht wird. Außerdem erhält darüber das BMS eine Temperatur-Information über die Module.

Ein Nachteil des Designs ist laut Prucha, dass zwischen den Modulen und der darunter liegenden Kühlplatte Platz verschenkt wird. Dort ist eine graue Masse aufgebracht, die für den thermischen Kontakt sorgt. Zudem sorgt das immerhin ein paar Millimeter dicke Material dafür, dass die Wärme nur relativ langsam abgeführt werden kann.

Bei einem Auto, das primär dem Transport der Familie dient, wie dem neunsitzigen EV9 ist das okay, meint Prucha. Doch bei mehr auf Performance konzentrierten Modellen könnte man mit einer besseren Wärmeableitung vielleiht sogar die Sprintzeit verbessern. Um welche Variante des EV9 es sich handelt, wissen wir nicht, es ist nur klar, dass es sich um einen Allradler handelt. Die Topversion des EV9 hat einen sportlichen 5,0-Sekunden-Sprint, Kia verrät aber nicht, wie oft man diesen Sprint wiederholen kann. Eine endlose Wiederholung setzt natürlich voraus, dass die Hitze schon während des Sprints abgeführt wird und nicht erst danach.

Der koreanische Konzern habe das 800-Volt-System nicht dazu genutzt, die Performance zu steigern, wie die meisten Hersteller, meint Prucha. Stattdessen habe sich Kia auf die Effizienz konzentriert, die durch die höhere Spannung möglich wird. Eine höhere Spannung führt bekanntlich zu niedrigeren Stromstärken und damit zu weniger Wärmeverlust. Außerdem wird weniger Kupfer für die Leitungen benötigt und man kann schneller laden.

Die Module will Munro live in einem späteren Video vorstellen. Wir sind gespannt, denn wegen der neuen Verschaltung sind sie offenbar die eigentliche Neuheit an dem 100-kWh-Akku.

Unter dem Strich

Bei der 100-kWh-Batterie des Kia EV9 nutzt der Hyundai-Kia-Konzern erstmals andere Module als bei den bisherigen E-GMP-Fahrzeugen. Die Module bestehen nach wie vor aus 12 Pouchzellen, die jedoch anders verschaltet sind. Denn die hohe Batteriekapazität machte 456 Zellen nötig, weswegen mehr davon parallel geschaltet werden mussten. Doch das ist unsere Folgerung, Munro Live will sich den Modulen in einem separaten Video widmen.