Wie entwickelt sich die japanische Premiummarke Lexus in die Elektromobilität? Der Erstling namens UX 300e war sicher noch kein großer Wurf. Wir haben nun den Lexus RZ 450e getestet, um zu sehen, ob es das zweite Lexus-Modell mit reinem Elektroantrieb besser macht.

Der Lexus RZ 450e leitet sich wie der Toyota bZ4X und er Subaru Solterra von der Plattform e-TNGA ab. Zu den technischen Eigenschaften kann ich mich hier kurz fassen, da wir den Lexus RZ 450e bereits detailliert beschrieben haben. Nur soviel: Allradantrieb mit 230 kW ist serienmäßig, die Maximalreichweite nach Norm liegt bei 440 km, und die Preise beginnen bei 68.000 Euro.  

Der RZ tritt in der (gehobenen) Mittelklasse an. Mit 4,80 Metern Länge liegt er zwischen dem Mercedes EQC, der als Derivat des Mercedes GLC in die Mittelklasse gehört, und dem Mercedes EQE SUV, den man der oberen Mittelklasse zurechnet.

Lexus RZ 450e (2023) im Test

Wirkt eher wie ein Crossover als wie ein SUV: der Lexus RZ 450e

Optisch wirkt der Wagen mit der sehr flach liegenden Frontscheibe und dem ebenfalls ziemlich sanft abfallenden Heckscheibe eher wie ein Crossover als wie ein SUV. Der markentypischen "Diabolo-Grill" in Form einer Spindel oder einer Eieruhr ist bei diesem Modell geschlossen. Optisch kommt der Lexus durchaus selbstbewusst daher, und je nach Farbe wird man damit im Alltagsverkehr durchaus auffallen. 

Einfache Bedienung

Als ich am morgen in den Wagen einsteige, ist es noch kühl, aber bei angeschalteter Sitzheizung wird der Hintern schnell warm; die Knie werden von dem Heizstrahler gewärmt, der automatisch mit der Sitzheizung aktiviert wird. Die Bedienung gibt keine Probleme auf: Man dreht das Rad in der Mittelkonsole auf D und gibt Gas.

Lexus RZ 450e: Das Cockpit mit konventionellem Lenkrad

Die Rekuperation stelle ich gleich am Anfang auf maximal, dazu muss man nur ein paarmal an der entsprechenden Lenkradwippe ziehen. Die Einstellung erscheint in Form von Pfeilen im Head-up-Display. Um zum kompletten Stillstand zu kommen muss man jedoch auf die Bremse gehen, One-Pedal-Driving bietet der Lexus genauso wenig wie der Toyota.

Viel Fahrspaß

Schon auf dem ersten Kilometern merke ich, dass es wirklich Spaß macht, diesen Wagen zu fahren. Es gibt ja Autos, die fährt man halt, weil man von A nach B muss, doch der Lexus gehört nicht dazu. Mit dem 230 KW starken Allradantrieb gibt man auch mal mehr Gas, als sein muss. Viel von dem dynamischen Feeling dürfte auf das Konto der guten Lenkung gehen. Ich fuhr zunächst die Variante mit der normalen Zahnstangen-Lenkung und konventionellem Lenkrad.

Lexus RZ 450e (2023) im Test

Später probiere ich dann noch einen Prototypen mit dem für 2025 geplanten Steuerhorn und Steer-by-Wire-Lenkung. Auf kurvigen Landstraßen komme ich damit erstaunlich gut damit zurecht. Probleme gibt es erst, wenn ich beim Verlassen eines Kreisverkehrs blinken will, denn bei nach links eingeschlagenem Lenkrad greife ich instinktiv mit der linken Hand nach oben, um den Blinker zu betätigen, doch der Hebel bewegt sich mit dem Steuerhorn mit. Ich hätte also einfach die Hände am Steuer lassen sollen.

Generell ist Umgreifen, wie wir es in der Fahrschule gelernt haben, bei diesem Steuerjoch keine gute Idee. Besser einfach die Hände immer am Steuer lassen. Die progressive Übersetzung des Steuers macht es möglich, mehr als 150 Grad Einschlag sind ohnehin nicht drin. Generell sehe ich in dem Steuerhorn allerdings keinen besonderen Vorteil für den "User"; einen Aufpreis würde ich dafür nicht bezahlen.

Edle Materialien, aber nach oben stehende Knie im Fond

Vom Fahrverhalten her verdient der Lexus ein ausgesprochenes Lob. Auch die Materialien innen sind vom Feinsten. Während früher Holz und Leder dominierten, erzeugen jetzt vegane Materialien einen edlen Effekt. Im Fond sind Bein- und Kopffreiheit gut, aber die Knie stehen etwas nach oben. Dass das nachteilig ist, merkt man, wenn man auf kurvigen Straßen hinten sitzt: Der Körper wird hin- und hergeworfen. Während ich vorne als Beifahrer das linke Bein gegen die nahe Mittelkonsole stemmen kann, gibt es im Fond nichts derartiges.

Keine Ladestrategie und verworrene Menüs

Bei dem gedrängten Testprogramm mit vielen Fahrkilometern fand ich wenig Zeit, die Software ausgiebig zu prüfen. Aber mir fiel negativ auf, dass sich die Einstellungen für die Fahrerassistenzsysteme im Menü an verschiedenen Stellen befinden; die feineren Einstellungen sind auch nicht gerade leicht zu finden.

So hätten wir den Abstandstempomaten gern so eingestellt, dass er die gerade geltenden Tempolimits automatisch übernimmt. Dass das möglich ist, beteuerte Lexus, doch den entsprechenden Menüpunkt haben wir nicht gefunden. Außerdem sind einige Begriffe nichts sehr gut übersetzt. Schwerer wiegt noch, dass der Lexus mir keine Ladestrategie für längere Strecken erstellt – hier ist Lexus auch noch nicht weiter als Toyota beim bZ4X.

Vergleich mit Konkurrenten

Der Lexus RZ tritt gegen dem BMW iX3 und den Mercedes EQE SUV an, auch der weniger bekannte Genesis Electrified GV70 gehört zu den Rivalen. Das Tesla Model Y tritt in der gleichen Klasse an, ist aber nicht dem Premiumsegment zuzuordnen.

Unsere Vergleichstabelle zeigt, dass der Lexus bei den technischen Grundwerten nur mit dem BMW mithalten kann. Der Lexus hinkt vor allem bei der Reichweite hinterher. Der Genesis ist hier zwar auch nicht viel besser, aber er kann das durch sein 800-Volt-System extrem schnell laden, was die geringe Reichweite kompensieren kann; zudem ist er deutlich stärker motorisiert.

  Lexus RZ 450e Genesis El. GV70 BMW iX3 Merc. EQE SUV
350 4Matic
Tesla Model Y LR
Antrieb AWD, 230 kW AWD, 360 kW RWD, 210 kW AWD, 215 kW AWD, 378 kW
0-100 km/h 5,3 Sek. 4,2 Sek. 6,8 Sek. ca. 6,2 Sek. 5,0 Sek.
Höchstgeschw. 160 km/h 235 km/h 180 km/h 210 km/h 217 km/h
Reichweite bis 440 km bis 455 km bis 461 km bis 558 km bis 565 km
DC-Ladeleistung 150 kW 240 kW 150 kW k.A. 250 kW
DC-Ladedauer  30 min
(0-80%) 
18 min
(10-80%)
34 min
(0-80%) 
k.A. k.A. 
Anhängelast 750 kg 1.800 kg 750 kg k.A. 1.600 kg
Basispreis 68.000 Euro 68.480 Euro 67.300 Euro 89.547 Euro 59.998 Euro

Mercedes und Tesla bieten deutlich mehr Reichweite; zum EQE SUV sind noch nicht alle Daten bekannt, doch er ist preislich so abgehoben, dass er für uns wenig interessant wäre. Der Tesla ist von den technischen Daten her den anderen Modellen überlegen und zudem preislich das günstigste Angebot. Abschrecken würde uns hier allerdings die ablenkende Bedienung über den Monitor und die generelle Produktpolitik.

Fazit

Alles in allem ist der Lexus RZ 450e das richtige Elektroauto, wenn man Wert auf gute Fahrdynamik legt und wenn einem hochwertige Materialien im Innenraum wichtig sind. Eher abraten würde ich allen Nerds, die technische Gadgets lieben wie ich – Besonderheiten wie kamerabasierte Außenspiegel wie beim Audi Q8 e-tron oder die raffinierte Kristallkugel des Genesis GV60 sind bei Lexus nicht angesagt. Fast schon ein Wunder ist daher, dass man sich bei Steer by Wire so weit vorwagt. Es hapert aber noch bei wichtigen Software-Features wie dem Erstellen einer Ladestrategie durch das Navi.

Bildergalerie: Lexus RZ 450e (2023) im Test

Lexus RZ 450e

Motor 150 kW vorne, 80 kW hinten (Permanentmagnet-Synchron-Motoren, PSM)
Leistung 230 kW (150+80 kW)
Max. Drehmoment 434 Nm (266+168 Nm)
Antrieb Allradantrieb
Beschleunigung 0-100 km/h 5,3 Sek.
Höchstgeschwindigkeit 160 km/h
Verbrauch 16,8-18,7 kWh/100 km (WLTP)
Batterie 64 kWh netto, 71 kWh brutto (96 prismatische Zellen von Prime Planet Energy Solutions)
Elektrische Reichweite 395-440 km (WLTP)
Ladeanschluss CCS2, für bis zu 11 kW AC, bis 150 kW DC
Aufladezeit 30 min mit DC (0-80%)
Länge 1.845 mm
Breite 1.520 mm
Höhe 1.635 mm
Kofferraumvolumen 522-1.451 Liter, kein Frunk
Leergewicht 2.055 – 2.115 kg
Zuladung 525 - 585 kg
Anhängelast 750 kg
Basispreis 68.000 Euro