Klein, aber oho: Der Dacia Spring, der 2021 auf den Markt kam, konnte seitdem mehr als 110.000 Bestellungen verzeichnen. Im Jahr 2022 war er das am dritthäufigsten verkaufte Elektroauto auf dem europäischen Privatmarkt.
Die über vernetzte Dienste gesammelten Daten zeigen, dass Spring-Fahrerinnen und -Fahrer durchschnittlich 31 Kilometer pro Tag mit einer Geschwindigkeit von 26 km/h zurücklegen. Sie laden ihr Auto zu 75 Prozent zu Hause auf, davon 66 Prozent an der Haushaltssteckdose.
So weit, so gut. Aber eine Sache monierten viele Autotester, auch ich konnte es (etwas unfreiwillig) über einen längeren Zeitraum feststellen: Oberhalb von 50 km/h ist der Dacia Spring einfach lahm. Mangels Beschleunigung wird manch Überholmanöver fast gefährlich, vom Einfädeln auf die Autobahn ganz zu schweigen.
Offenbar ging es auch vielen Kunden so, deren Klagen anscheinend das Ohr von Dacia erreicht haben. Jetzt bekommt der 3,73 kurze Wagen eine eigenständige Extreme-Ausstattung mit dem exklusiven, völlig neuen Motor Electric 65.
Was ist das?
Der Spring Extreme Electric 65 leistet 48 kW/65 PS, während der Spring Electric 45 mit 33 kW/45 PS weiterhin in der Essential-Ausstattung erhältlich ist.
Eines der Hauptmerkmale des Electric 65 ist die höhere Drehzahl des E-Motors von 14.700 U/min im Vergleich zu 8.500 U/min beim Electric 45, während die neuen technischen Spezifikationen des Getriebes (mit einer von 7.162 auf 12.057 erhöhten Übersetzung) das auf die Antriebsräder übertragene Drehmoment erhöhen. Das klassische maximale Drehmoment in Newtonmeter ist beim 65er kurioserweise mit 113 Nm sogar etwas niedriger als beim 45er.
Aber der Reihe nach: Trotz seiner Günstigkeit sieht der Dacia Spring nicht ärmlich aus, die Mikro-SUV-Optik verleiht ihm eine eigenständige Note. Die neue Extreme-Ausstattung mit bronzefarbenen Elementen wertet den Wagen meiner Meinung nach gelungen auf. Zierleisten im Cockpit schmeicheln dem Auge, obwohl bei dem in China gebauten Spring natürlich noch immer Hartplastik dominiert.
Der Finger klopft auf eine einfache Türverkleidung, die Tür selbst schließt mit einem "Plönk!", das fast an Wartburg erinnert. Trotzdem fühlte ich mich im Spring nicht unwohl. Natürlich geht es innen eher kuschelig eng zu, aber nur 1,58 Meter Breite sind im Gegenzug ein echter Trumpf in Innenstädten. In Sachen Bedienung ist alles dort, wo es hingehört und obwohl das Lenkrad nicht verstellbar ist, fand ich eine gute Sitzposition.
Wie fährt er sich?
Natürlich will ich die Kritikpunkte nicht verschweigen: Die schwammige Lenkung bedarf der Gewöhnung, ebenso die passende Einstellung der manuellen Klimaanlage, deren Heizleistung nicht immer die Scheiben beschlagfrei hielt. Ebenso ist das werksseitige Navi nicht immer zielsicher. Aber Apple CarPlay oder Android Auto sind per Kabel möglich. Und bevor ich es vergesse: Hinten ist nicht viel Platz. 2,42 Meter Radstand setzen hier im wahrsten Wortsinne enge Grenzen.
Was spürbar besser geworden ist, ist nicht nur die Beschleunigung (dazu gleich mehr), sondern auch der gesamte Feinschliff. Im Vergleich zu "meinem" Spring riecht es innen wesentlich angenehmer, ebenso sind die Geräusche im Straßenbahn-Stil viel geringer. Apropos Lautstärke: Tempo 130 auf dem Tacho schafft der Spring 65 mit etwas Anlauf, auch dann ist eine Unterhaltung noch möglich.
Über 120 wird die Beschleunigung freilich zäh. Aber bis dorthin hat mich der 65er wirklich positiv überrascht. Klar, ein Porsche Taycan wird er nie sein. Doch wo bislang ab etwa 80 km/h tote Hose herrschte, legt der Spring jetzt spürbar an Tempo zu. Die nackten Zahlen belegen es: Im Stadtverkehr beschleunigt der Spring Extreme Electric 65 in 3,9 Sekunden von 0 auf 50 km/h und ist damit 1,9 Sekunden schneller als der Spring Electric 45.
Das ist noch nicht die Welt, erst danach wird es interessant: 13,7 statt 19,1 Sekunden von null auf 100 km/h. Und vor allem: Nur noch 13,5 statt 26,2 Sekunden von 80 auf 120 km/h. Das ist nicht nur fast eine Halbierung, das ist gefühlt rasant!
Und was kostet der Spaß?
Der Spring Extreme Electric 65 hat eine Reichweite von 220 km im kombinierten WLTP-Zyklus und 305 km im WLTP-City-Zyklus. Nur für den 65 gibt es künftig für 800 Euro extra den CCS-Anschluss, mit dem bis zu 30 kW machbar sind. An der Batteriegröße von 26,8 kWh ändert sich nichts, mit lediglich 1.050 Kilogramm inklusive Akku bleibt der 65 angenehm leicht. Leider fällt die Zuladung mit 250 Kilogramm überschaubar aus.
Der Dacia Spring Extreme Electric 65 ist in Deutschland zu einem Preis von 24.550 Euro (ohne Umweltbonus) erhältlich, während der Dacia Spring Essential Electric 45 bei 22.750 Euro (ohne Umweltbonus) notiert. Angesichts des Plus an Ausstattung und der CCS-Option dürfte sich der 65 künftig wohl besser verkaufen. Aktuell beträgt der Umweltbonus übrigens 6.750 Euro.
Fazit:
Endlich ist der Dacia Spring so, wie er von Anfang an hätte sein sollen. Mit dem stärkeren Motor springt der Spring aus dem Schatten des reinen Stadtautos. Überlandetappen und Autobahnen verlieren ihren Schrecken. Hinzu kommt mehr Feinschliff am gesamten Auto. Ein cleverer Elektro-Zweitwagen zum fairen Preis.
Bildergalerie: Dacia Spring Extreme Electric 65 (2023) im Test
Dacia Spring 65 Extreme (2023)