Während die Decarbonisierung des Pkw-Verkehrs auf gutem Wege ist, hinkt der Schwerlastverkehr noch hinterher. Aber sind auch hier batterieelektrische Fahrzeuge die Technologie der Wahl oder sollte man besser auf Brennstoffzellen setzen? Diese Frage beleuchtet nun eine neue Studie von Umweltforschern des International Council on Clean Transportation (ICCT).
Die 32-seitige Studie in englischer Sprache (PDF) analysiert die Anwendung von Brennstoffzellen in schweren Sattelzugmaschinen. Die Autoren liefern eine gut verständliche Einführung zur Technik der Stacks (insbesondere den Membranen und Bipolarplatten), der Wasserstoff-Speicher, der Gesamtfahrzeuge und mehr.
Mit 350 bar sind nur 370 km Reichweite möglich
So erfahren wir, dass wegen der Vorschriften für die Länge der Zugmaschine hinter der Kabine nur Platz für etwa 2.000 Liter gasförmigen Wasserstoff ist. Mit 350-bar-Tanks ergeben sich damit Reichweiten von nur 370 km – viel weniger, als wir dachten:
Mit 700 bar sind immerhin schon 600 km möglich. Das Auftanken eines entsprechend großen 700-bar-Tanks würde etwa 30 bis 50 Minuten dauern, so die Studie – das Tanken dürfte also in der Pause des Fahrers möglich sein.
Noch größere Distanzen ohne Auftanken wären mit Flüssigwasserstoff drin. Allerdings wird Wasserstoff erst bei minus 253 Grad flüssig (weswegen er auch als kryogener Wasserstoff bezeichnet wird). Die Technik zur Speicherung und zum Tanken von Flüssigwasserstoff ist noch nicht sehr weit entwickelt, so die Studie. Das gleiche gilt für kryo-komprimierten Wasserstoff, der z.B. bei 300 bar und -200 Grad transportiert wird. Diese Technik soll noch größere Reichweiten bringen.
9 Kilo Wasserstoff pro 100 km
Interessant sind auch die Erkenntnisse zum Thema Verbrauch: Simulationen haben ergeben, dass eine Zugmaschine mit heutiger Brennstoffzellen-Technik mindestens 45 Kilo Wasserstoff für 500 Kilometer braucht, also 9 Kilo pro 100 km. Mit Leichtbau, verbessertem Antrieb und höherem Wirkungsgrad der Brennstoffzellen könnten in Zukunft etwa 6,6 Kilo/100 km erreicht werden, so die Studie.
Am effizientesten arbeitet der Stack bei geringer Auslastung (etwa 17 Prozent der Maximalleistung). Das heißt, ein großer Stack wäre effizienter. Andererseits führt ein größerer Stack zu höheren Anschaffungskosten für den Laster. In der Praxis, so die Studie, liegt die Energieeffizienz des Stacks nur bei durchschnittlich 45 Prozent.
Der Wasserstoffverbrauch von Lkw ist zudem stark von dem Gewicht der Fuhre abhängig: Voll beladen, kann der Verbrauch des Gespanns auch um 20 Prozent höher sein als bei durchschnittlicher Beladung. Die Außentemperatur hat dagegen nur einen minimalen Einfluss (im Bereich von 2 bis 4 Prozent) auf den Verbrauch.
Effizienz: Bei BEV-Lastern am höchsten
Die Studie führt auch einen Effizienz-Vergleich zwischen Diesel-, Brennstoffzellen- und batterieelektrischem Antrieb durch. Dabei geht man davon aus, dass ein Kilo Wasserstoff einen Energieinhalt von 33 kWh hat, ein Kilo Diesel liegt bei 10 kWh. Nun kann man den Energieverbrauch in kWh/km berechnen. Die Ergebnisse sind in folgender Grafik wiedergegeben – links für den Fernverkehr, rechts für den regionalen Verteilerverkehr:
Batterieelektrische Trucks sind demnach deutlich effizienter als Diesel- und Brennstoffzellen-Laster. Der Grund ist die geringe Effizienz des Verbrenners bzw. des Stacks. Beide erreichen höchstens 60 Prozent Wirkungsgrad, in der Praxis sind es durchschnittlich nur 45 Prozent.
Im Fernverkehr verbraucht eine batterieelektrisch angetriebene Zugmaschine nur 50 Prozent der Energie, die ein FCEV-Laster benötigt. Diese Zahlen gelten auf der Tank-to-Wheel-Ebene. Bei Wasserstoff ist also der Energiebedarf für die Herstellung des Wasserstoffs (idealerweise mit Hilfe von grünem Strom) nicht eingeschlossen.
Nutzlast sinkt – wegen weiter hinten liegender Kupplung
Für Fuhrunternehmer ist die Nutzlast ein sehr wichtiges Kriterium. Durch wenige Kilo Wasserstoff wird diese kaum geschmälert, wohl aber durch die Geometrie eines Sattelzugs. Das Prinzip zeigt unser Titelbild: Wenn hinter der Kabine Wasserstofftanks platziert werden, muss die Sattelkupplung (im Jargon wegen ihrer runden Form auch fünftes Rad genannt) weiter nach hinten rutschen. Das führt dazu, dass das Gewicht des Aufliegers stärker auf der Antriebsachse lastet, also der zweiten Achse von vorne. Die Folge: Die Nutzlast sinkt.
Bei BEV-Zugmaschinen sinkt die Nutzlast gegenüber dem Dieselantrieb auch, aber hier sind die schweren Batterien schuld. Was ist nun gravierender? Die Nutzlast-Einbuße bei den Brennstoffzellen-Lkws durch das verschobene "fünfte Rad" ist nicht schlimm, sie beträgt etwa zehn Prozent. Bei BEV-Lastern hängt die Einbuße stark von der Streckenlänge ab, wie man an der stark fallenden grünen Gerade in der folgenden Grafik sieht:
Bei Strecken von 500 km ist der Unterschied zum Diesel-Laster mit 13 Prozent noch gering. Krass wird der Unterschied jedoch bei Langstrecken betrachtet. Ein BEV-Laster für 1.000 km bräuchte eine 1.884-kWh-Batterie, und das würde die Nutzlast um 40 Prozent gegenüber Diesel verringern.
Besonders auf der Langdistanz sind Brennstoffzellen-Zugmaschinen derzeit also noch im Vorteil gegenüber BEV-Lösungen. Dieser Nachteil der BEV-Laster soll sich laut Studie jedoch bis 2030 deutlich verringern, wie im unteren Teil der Grafik zu sehen. Möglich machen sollen das nicht näher genannte Fortschritte bei der Technik. Bis 2030 ist aber auch noch etwas Zeit; recht viel früher ist wohl im Schwerlastverkehr weder mit dem Einsatz von Brennstoffzellen-Lastern noch von BEV-Lastern zu rechnen.
Bildergalerie: ICCT-Studie zu Brennstoffzellen-Zugmaschinen
Quelle: ICCT