VW stellt auf der diesjährigen IAA Mobility in München die GTI-Version des VW ID.2 all vor. Natürlich nur als Designstudie, denn der Serien-ID.2 soll ja erst 2025 starten. Und dementsprechend würde die Markteinführung einer potenziellen Sportvariante des elektrischen Kleinwagens im aktuellen Polo-Format noch weiter in der Zukunft liegen.
Aber macht ein Elektro-GTI überhaupt Sinn? Wir haben uns das VW ID. GTI Concept vor der Premiere angesehen. Frische Live-Bilder zeigen die Studie übrigens in einem Silber, welches an den Golf I GTI erinnert:
Bildergalerie: VW ID. GTI Concept auf der Volkswagen Group Night IAA 2023
Von der Vergangenheit direkt in die Zukunft
Exakt 48 Jahre ist es nun her, dass der Wolfsburger Hersteller auf der IAA (damals noch in Frankfurt am Main) den ersten Golf mit dem GTI-Emblem enthüllte. 1975 betrat er mit einem 110 PS starken 1,6-Liter-Vierzylinder-Benziner und einer Länge von 3,71 Meter das Messeparkett.
Breit war der Ur-GTI lediglich 1,61 Meter, die Höhe betrug rund 1,40 Meter. Radstand? 2,40 Meter. Aus heutiger Sicht ziemlich klein. Aber es war der nur 810 kg leichte Beginn einer steilen Karriere für das dreibuchstabige Kürzel, welches fortan auch auf dem Scirocco, dem Polo und dem up! zum Einsatz kommen sollte.



Jetzt projiziert VW die GTI-DNA also in das Zeitalter der Elektromobilität und nutzt dafür den ID. 2all als Basis. Das Ergebnis ist 4,10 Meter lang, 1,84 Meter breit, 1,50 Meter hoch und hat einen Radstand von 2,60 Meter. Die Architektur wird von der neuen Plattform MEB Entry gestellt und mit Vorderachsquersperre versehen. Ein GTI mit Frontantrieb also. Muss. Weiter definierte technische Daten zu Leistung, Drehmoment, Reichweite, Akkukapazität oder Ladegeschwindigkeit? Kommt Zeit, kommt Info. Und bis dahin können wir mit dem Kofferraumvolumen trösten, das VW lustigerweise schon ermittelt hat: 490 bis 1.330 Liter gehen rein. Unnützes Wissen.
Starke und dennoch subtile Optik
Aber ist er optisch gelungen? Wir finden: Auf jeden Fall! Dabei ist die GTI-sierung des ID. 2all-Exterieurs vor allem durch allerlei Zitate aus vergangenen Zeiten gelungen, die geschickt in das neuzeitliche Design mit IQ.Light-LED-Matrixscheinwerfern, LED-Querspangen und weiß leuchtenden Logos integriert wurden. Dazu gesellen sich zwei rote Schleppösen im Frontstoßfänger, schwarz eingefasste Air Curtains, 20-Zoll-Felgen, Radhausverbreiterungen, neue Seitenschweller mit mattschwarzen Kunststoffelementen, ein Dachkantenspoiler, ein Heckdiffusor und dunkel getönte Rückleuchten mit 3D-Effekt. Scharf. Und jetzt sehen Sie selbst ...
Bildergalerie: Volkswagen ID. GTI Concept (2023)
Der einzige gestalterische Kritikpunkt an der Designstudie für uns? Der doch sehr inflationäre Gebrauch des GTI-Logos. Alleine in der Seitenansicht zählen wir den Schriftzug vier Mal. Dieser Punkt ist den Designern am Schluss auch aufgefallen. Aber dann sei es schon zu spät gewesen. In der potenziellen Serienversion dürfte man also etwas sparsamer mit Plaketten und Aufklebern umgehen. Aber das Konzept darf noch schriftlich sehr ausufernd kommunizieren: ICH BIN EIN GTI. UND DAS "I" IN MEINEM NAMEN STEHT KÜNFTIG NICHT MEHR FÜR "INJECTION", SONDERN FÜR "INTELLIGENCE".

Von der Gen Z zum Boomer
Und weil Intelligenz vor allem im Innenraum stattfindet, steigen wir jetzt mal ein. Dachten wir uns zumindest. Aber das ID. GTI Concept ist lediglich ein Clay-Modell. Also eine Hülle aus Ton, die dann lackiert wurde. Interieur zum Anfassen? Ist nicht. Hier liefert VW nur digitale Vorstellungen der Zukunft und kann deshalb so richtig auf die Visionen-Kacke hauen. Aber ohne die Vergangenheit aus den Augen zu verlieren. Man will ja schließlich nicht nur die Gen Z als künftige Leasing-Kundschaft gewinnen, sondern auch dem finanzstarken Boomer neue Elektro-GTIs zum Barkauf anbieten.

Und so ist es nicht gerade verwunderlich, dass auch im digitalen Innenraum einiges an die 1970er erinnert. Wir entdecken sofort Stoffsitze mit Karo-Muster und ein GTI-Lenkrad mit beleuchteter 12-Uhr-Markierung. Das Dreispeichenlenkrad des ID. GTI Concept ist zudem mit einem etwas tieferliegenden Airbag ausgestattet, der die optische Brücke zum Pralltopf des ersten Golf GTI herstellt.
Auf den horizontalen Speichen befinden sich jeweils eine griffige Drehwalze und zwei Tasten. Die Zukunft wird also teilweise wieder analog gesteuert. Beispielsweise die digitalen Instrumente (10,9 Zoll) oder das großflächige AR-Head-up-Display für Fahrer und Beifahrer. Das Infotainment-System (12,9 Zoll) ist aber mit einem Touchscreen ausgestattet. Darunter sitzt die Klimabedienung. Wieder mit echten Tasten.


Der Wahlhebel für das Automatikgetriebe wird im ID.7-Stil über einen Lenkstockhebel bedient, der sogenannte "GTI-Erlebnisschalter" sieht nach Golfball aus. Über ihn werden die verschiedenen Fahrmodi und die individuellen Looks der Instrumente, der Sound sowie die Ambiente-Beleuchtung gesteuert.
Von Achievements und vibrierenden Sitzen
Vier Modi gibt es: "GTI Silver Drive", "GTI Red Turbo", "GTI Max" und "GTI Retro". Letzterer dürfte vor allem langjährige Freunde der sportlichen VW-Modelle erfreuen. Mit Anzeigen im Kombiinstrument im Stil des Golf 2, einer HUD-Optik mit Digifiz-Zitaten und einem Infotainment-Startbildschirm, der nach Retro-Golf-Mittelkonsole aussieht. Mit Kassettendeck. Bereit für die Oldtimer-Rallye.

Wenn man aber lieber auf Rundenrekorde fahren will, anstatt gemütlich durch die gedachte Vergangenheit zu gondeln, kann man sich in den anderen Modi beispielsweise den Streckenverlauf der Nordschleife und die Live-Position des ID. GTI Concept ganz links in die Windschutzschreibe einblenden lassen. Fährt man ein Rennen, sieht man zudem den aktuellen Rang im Starterfeld und die eigenen Fortschritte ("GTI Achievements" nennt das VW jetzt neudeutsch). Schnellste Beschleunigung, beste Runde, höchste G-Kräfte, niedrigster Verbrauch und so weiter.
Um dabei nicht vollends den Kontakt zum Auto zu verlieren, will VW in Zukunft die Rückmeldung vom Fahrzeug an die Insassen verbessern. Hyundai macht das beim Ioniq 5 N ja auch. Mit Drehmomenteingriffen, um Schaltvorgänge zu simulieren oder mit Sound im Innen- und Außenbereich, der beispielsweise an einen i30 N mit Verbrenner erinnert. Letzteres plant VW ebenfalls. Von Schaltvorgängen haben wir aber noch nichts gehört. Dafür aber von Sitzen, mit Soundbar und Lichteffekten in der Kopfstütze, einem verbauten Pulssensor und pulsierendem Herz in der Sitzfläche sowie Forced Feedback. Das Gestühl soll also je nach Fahrsituation vibrieren. Geil.

Ganz realistische und auch in der Gegenwart schon erhältliche Funktionen gibt es aber auch noch im ID. GTI Concept. Zahlreiche im Innenraum verteilte USB-C-Schnittstellen (45 Watt) versorgen Smartphones mit Energie. Über eine voll nutzbare 230-V-Steckdose können alle erdenklichen größeren Geräte mit Strom versorgt werden.
Jetzt aber Butter bei die Fische
Wie viel von diesem Showcar werden wir in den kommenden Jahren nun aber tatsächlich in neuen GTI-Modellen des Herstellers finden? Bei der Präsentation sagt man uns, dass sicherlich die eine oder andere Funktion ein interessantes Hirngespinst bleiben wird, ein Großteil aber doch in Serie gehen könnte.
"So hat GTI Zukunft – für unsere Marke, für die Fans. Das Auto ist als Teil unserer E-Offensive schon entschieden. Ein alltagstauglicher VW Sportwagen für das Elektrozeitalter: 100 Prozent elektrisch, 100 Prozent Emotion."
Thomas Schäfer, CEO der Marke Volkswagen
Ausgemachte Sache also und ein elektrischer GTI wird tatsächlich Realität. Erst einmal im Polo-Format auf Basis des künftigen ID.2. Der soll in der Basis übrigens rund 25.000 Euro kosten. Damit wäre ein Elektro-Kompaktssportler von VW vielleicht sogar für unter 50.000 Euro realisierbar. Die Zukunft wird weitere Klarheit bringen. Und auch über die eigentlich für die sportlicheren ID.-Modelle neu eingeführte GTX-Badge entscheiden.
Quelle: Volkswagen