Kürzlich suchte mein Freund Martin im Internet nach einem passenden Elektroauto. Er hat eine Frau und zwei kleine Kinder und fährt derzeit einen Skoda Octavia Combi. Im Jahr kommen so etwa 10.000 Kilometer zusammen. Kein exotischer Fall. Da müsste sich doch ein Elektroauto finden lassen. Aber welches Modell eignet sich als emissionsloser Ersatz für eine benzinbetriebene Familienkutsche?

Es sollten problemlos zwei Kinder reinpassen und möglichst viel Gepäck, für den Familienurlaub. Und der Preis sollte nicht astronomisch sein. Sagen wir mal: bis etwa 35.000 Euro nach Förderung (9.570 Euro). Auch damit würde Martin schon mehr als für einen neuen Octavia Combi mit 150-PS-Turbobenziner bezahlen – den gibt es schon ab etwa 29.000 Euro.

Noch viel schmerzhafter ist die Sache mit der Reichweite, denn der Octavia schafft über 800 Kilometer am Stück, bei einem bezahlbaren Elektroauto wird es nur etwa die Hälfte sein. Nehmen wir als Mindestanforderung 400 Kilometer. Also, los geht's, suchen wir eine elektrische Familienkutsche für Martin und all die anderen Familienoberhäupter da draußen!

MG5 Electric Long Range

Zuerst müssen wir uns mit der unangenehmen Tatsache vertraut machen, dass es derzeit noch keinen elektrisch angetriebenen Kombi gibt. Nun ja, einen vielleicht: den MG5 Electric.

Die eigentlich nahe liegende Idee, einen Elektro-Kombi auf den Markt zu bringen, hatte die britische Traditionsmarke MG, die sich jetzt in der Hand des chinesischen SAIC-Konzerns befindet. Der MG5 ist in Großbritannien offenbar bereits auf dem Markt. Die teurere Version Long Range hat etwas mehr als 400 km Reichweite und kostet umgerechnet etwa 34.000 Euro. Bei uns soll das Auto im Oktober starten, doch es gibt noch keinen Preis. Derzeit ist der MG5 also keine reale Option.

  • Preis: ca. 34.000 Euro (Long Range)
  • Kofferraum: 578-1.456 Liter
  • Reichweite: ca. 400 Kilometer WLTP (Long Range)

Skoda Enyaq iV 60

Als Ersatz für den Benziner-Kombi kommen Elektro-SUVs in Frage, denn auch die haben viel Platz für Kind und Kegel. Beginnen wir beim Nächstliegenden für einen Octavia-Fahrer: Skoda. Das passende SUV heißt Enyaq. Mit 4,65 Meter ist der Enyaq etwa so lang wie der Octavia Combi, das Kofferraumvolumen ist vergleichbar. Mit 1,62 Metern ist er allerdings etwa 15 Zentimeter höher als der aktuelle Octavia. Aber Elektroautos haben eben unten drin immer eine Batterie, und das macht das Auto höher ...

Die günstigste Variante mit mehr als 400 km Reichweite ist der Enyaq 60. Er kostet zwar fast 40.000 Euro, aber man darf noch die Umweltprämie anziehen, und so landet man bei familientauglichen 30.000 Euro – sogar etwas weniger. Eine Option mit mehr Reichweite (über 500 Kilometer) wäre der Enyaq 80 für etwa 34.000 Euro nach Förderung. 

  • Preis: 38.850 Euro (nach Förderung: 29.280 Euro)
  • Kofferraum: 585-1.710 Liter
  • Reichweite: 412 Kilometer nach WLTP-Norm

VW ID.4 Pro

Der ID.4 ist das Äquivalent von Volkswagen zum Enyaq. Er ist ein paar Zentimeter kürzer als der Skoda, auch der Kofferraum ist etwas kleiner. Die "Pure"-Basisversionen mit der 52-kWh-Batterie kommen nicht in Frage, weil sie weniger als 400 km Reichweite haben.

Da es die 58-kWh-Batterie aus dem Skoda Enyaq 60 bei VW nicht gibt, hat die nächste Stufe schon 77 kWh und eine Reichweite von über 500 Kilometern. Was nicht schlecht wäre, abes so ist das Auto auch teurer: Man zahlt rund 45.000 Euro. Nach Abzug der Förderung bleiben rund 35.000 Euro.

  • Preis: 44.915 Euro (nach Förderung: 35.345 Euro)
  • Kofferraum: 543-1.575 Liter
  • Reichweite: 522 km nach WLTP-Norm

Hyundai Ioniq 5 73 kWh RWD

Der Ioniq 5 von Hyundai ist einer unserer Lieblinge: Wir mögen ihn vor allem wegen der phänomenalen Ladeeigenschaften: Durch die 800-Volt-Technik kann man das Auto viel schneller aufladen als etwa VW ID.4. Wichtig ist das vor allem auf Reisen, weil man dann nicht ewig an der Ladesäule warten muss. An einer schnellen Säule soll ein Ladevorgang (von 10 bis 80 Prozent) gerade mal 18 Minuten dauern.

Die Preisliste beginnt bei knapp 42.000 Euro, schon wieder ein bisschen mehr. Dazu kommt, dass die beiden günstigsten Versionen keine 400 km schaffen. Wir brauchen also die 73-kWh-Batterie, die 3.200 Euro Aufpreis kostet, womit wir bei rund 45.000 landen. Minus 10.000 Euro Förderung passt das aber gerade noch in unser Budget. Kofferraum und Reichweite sind allerdings etwas kleiner als beim Skoda Enyaq.

  • Preis: 45.100 Euro (nach Förderung: 35.530 Euro)
  • Kofferraum: 531-1.591 Liter
  • Reichweite: 481 Kilometer nach WLTP-Norm

Tesla Model 3 Standard Plus

Und was ist mit Tesla, wird Martin fragen. Daher hier noch ein kleiner Ausflug in diese Richtung, obwohl es bei den Amerikanern kein passendes Angebot für meinen Spezl gibt. Das Model 3 Standard Plus kostet nach Förderung rund 34.000 Euro und würde damit in unseren Preisrahmen passen. Aber die Ladeöffnung zum Verstauen von Gepäck ist so winzig wie bei einem Stufenheckauto – für eine Familie ist das wohl kaum geeignet. Und das Model Y ist mit einem Basispreis von 60.000 Euro ebenfalls ungeeignet.

  • Preis: 43.970 Euro (nach Förderung: 34.400 Euro)
  • Kofferraum: ca. 425 Liter, plus 85 Liter vorne
  • Reichweite: 505 Kilometer nach WLTP-Norm

Polestar 2 Standard Range Single Motor

Viel besser geeignet als die beiden Teslas ist eine andere Limousine: der Polestar 2. Denn das Auto vom Volvo-Ableger Polestar hat eine große Heckklappe und auch der Preis nach Förderung passt mit gutem Willen vielleicht noch ins Budget. Auch hat schon die Basisversion des Polestar 2 genug Reichweite nach unseren Kriterien. 

Aber ein Blick auf das Kofferraumvolumen zeigt, dass eine vierköpfige Familie auf Sommerurlaub sich gepäckmäßig hier doch einschränken muss – einfach, weil das Dach hinten so schnell absinkt, was natürlich Volumen kostet.

  • Preis: 45.500 Euro (nach Förderung: 35.930 Euro)
  • Kofferraum: 405-1.095 Liter plus 35 Liter "Frunk"
  • Reichweite: 444 Kilometer nach WLTP-Norm

Fazit

Unser Tipp für eine elektrische Familienkutsche wäre der Skoda Enyaq 80 für 43.950 Euro. Beim Händler zahlt man 3.570 Euro weniger, nach Antragstellung bekommt man noch 6.000 Euro vom Staat zurück. Dann bleiben etwas mehr als 34.000 Euro. Damit zahlt man etwa 5.000 Euro mehr als für den Octavia Combi mit 150-PS-Benziner.

Der Kofferraum ist vergleichbar, die Reichweite mit 534 km nach WLTP schon recht gut für ein Elektroauto. Serienmäßig kann man das Auto nur mit 50 kW aufladen. Das dauert etwas mehr als eine Stunde, wenn man bis 80 Prozent auflädt. Wir würden die 500 Euro Aufpreis für Schnellladen mit 125 kW empfehlen, dann verkürzt sich die Ladezeit auf 38 Minuten.

38 Minuten Ladepause wären wohl nicht schlimm, denn nach 400 Kilometern dürfte sowieso mal eine Pause angesagt sein. Man muss halt vorher die Strecke so planen, dass nach etwa 400 Kilometern immer eine Säule steht. Und daneben sollte am besten ein Restaurant oder ein Rastplatz sein, wo man die Zeit mit den Kindern totschlagen kann. Zugegeben: Einfacher wird das Leben mit Elektroauto nicht. 

Und die Kraftstoffkosten? Nun, der Octavia Combi 1.5 TSI verbraucht 5,1 Liter pro 100 km nach NEFZ-Norm. Das entspricht derzeit Spritkosten von knapp 8 Euro pro 100 Kilometer. Der Enyaq braucht (ebenfalls nach NEFZ-Norm) 15,6 kWh. Mit Haushaltsstrom geladen, kosten 100 km hier rund 5 Euro. Hier kann man also noch etwas sparen. Allerdings machen die 3 Euro bei 10.000 Kilometer Fahrleistung im Jahr gerade mal 300 Euro aus.