Gerüchte über ein neues VW-Batteriezellenwerk in Kanada hatte es schon im Februar gegeben, nun ist es offiziell: Der Konzern baut seine erste Gigafactory in Nordamerika. Sie entsteht in St. Thomas in der Provinz Ontario, etwa 190 Kilometer nordöstlich der Auto-Metropole Detroit. 

Die Verantwortung für das neue Werk hat die Batterie-Tochterfirma PowerCo SE. Die Produktion soll 2027 beginnen; gefertigt werden soll die VW-Einheitszelle, die für das Volumensegment bestimmt ist. Welche Produktionskapazität angestrebt wird, wurde noch nicht mitgeteilt.

Einheitszellen ab 2027 – offenbar auch für die Scout-Modelle

Die Entscheidung steht offenbar auch in Beziehung zu der Entscheidung, die geplanten Scout-Modelle in einem Fahrzeugwerk in den Vereinigten Staaten zu bauen. Diese sollen in einem neuen Werk in Columbia (South Carolina) gefertigt werden, wie die Automobilwoche Anfang März meldete und wie VW nun bestätigt.

Volkswagen Electric Pick-up Teaser

Bei den Scout-Modellen soll der Schwerpunkt auf der Geländegängigkeit liegen (Bild: Teaser von VW)

Der erste Spatenstich für das Scout-Werk soll Mitte 2023 stattfinden; die Produktion soll Ende 2026 aufgenommen werden. Dort sollen jährlich rund 200.000 Scout-Fahrzeuge vom Band laufen. Modelle anderer Konzernmarken wie Volkswagen oder Audi sollen dort nicht gebaut werden. 

"Mit den Entscheidungen für die Zellproduktion in Kanada und für den Scout-Standort in South Carolina beschleunigen wir die Umsetzung unserer Nordamerika-Strategie," sagte Konzernchef Oliver Blume. Ein erhöhtes Wachstum in Nordamerika gehörte zum Zehn-Punkte-Plan, den Blume im vergangenen Jahr verkündet hatte.

"Die Entscheidung, die erste Gigafabrik außerhalb Europas in Kanada zu bauen, spricht für die Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes, wenn es um die Vergabeentscheidungen für Großinvestitionen geht", sagte der kanadische Minister für Innovation, Wissenschaft und Industrie, François-Philippe Champagne. Im Vorfeld hatte VW-Markenchef Thomas Schmall sinngemäß gesagt, Europa müsse sehen, im Subventions-Wettlauf nicht hinterherzuhinken.

Die dritte Gigafactory nach Salzgitter und Valencia

Nach Salzgitter und Valencia wird St. Thomas die dritte "Gigafabrik" des Konzerns sein. Sie soll die Elektroautos von verschiedenen Konzernmarken in der Region mit Batteriezellen versorgen. Ende letzten Jahres hatte VW eine Absichtserklärung mit dem kanadischen Premier Justin Trudeau über die Suche nach einem Standort abgeschlossen.

Künftige Gigafabrik für Batteriezellen am Standort Salzgitter

Die künftige Gigafabrik für Batteriezellen in Salzgitter (Rendering)

Kanada biete ideale Voraussetzungen wie etwa lokale Rohstoffe und Grünstrom. Weitere Einzelheiten zur Gigafabrik in St. Thomas sollen in naher Zukunft kommuniziert werden.

Der Volkswagen-Konzern will bis 2030 mehr als 25 neue Elektro-Modelle auf den Markt bringen. Auch ein verstärktes Wachstum in den USA, Kanada und Mexiko ist geplant. Neben dem Hochfahren der Montage des VW ID.4 in Chattanooga (Tennessee) plant Volkswagen den Ausbau der mexikanischen Werke in Puebla und Silao, um dort in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts Elektroautos und möglicherweise auch Komponenten wie beispielsweise Elektromotoren zu bauen.

Unser Titelbild zeigt VW-Chef Blume (links), Markenchef Schmall (Mitte) und den kanadischen Industrieminister François-Philippe Champagne nach der Bekanntgabe der Standort-Entscheidung.