Nun ist es offiziell. Die Strafzölle auf Elektroautos aus China treten in Kraft, wenn auch zunächst nur provisorisch. Betroffen sind nicht nur chinesische Konzerne wie BYD oder SAIC (die Firma hinter der Marke MG), sondern auch Modelle europäischer Marken wie der Dacia Spring oder der BMW iX3, die in China produziert werden. 

Die Einführung der Strafzölle wurde am gestrigen Donnerstag (4. Juli) von der Europäische Kommission beschlossen, gültig sind sie ab dem heutigen Freitag. Die neuen Zölle kommen zu den bisherigen Zöllen in Höhe von 10 Prozent hinzu und betragen je nach Autohersteller bis zu 37,6 Prozent.

Die Tarife wurden gegenüber dem Entwurf vom 12. Juni noch einmal geringfügig gesenkt, nachdem die betroffenen Unternehmen kleinere Berechnungsfehler moniert hatten. Die betroffenen Firmen müssen die Zölle nun schon abführen, wenn auch zunächst nur vorläufig. Endgültig treten sie erst im November in Kraft.

Die Details sind in einer schier unendlich langen Durchführungsverordnung enthalten. Um Ihnen die Lektüre zu ersparen, fassen wir das Wichtigste zusammen, wobei wir uns auf die Artikel von Reuters stützen. 

  Strafzoll Betroffene Fahrzeuge
Aiways unklar Aiways U5 etc.
Anhui Jianghuai Automobile unklar Cupra Tavascan
BMW Brilliance 20,8% BMW iX3
BYD 17,4% BYD Atto 3, Dolphin, Seal etc.
Dongfeng 20,8% Dacia Spring
Geely 19,9% Smart #1 und #3, Volvo EX30
Great Wall Motors unklar GWM Ora 03 etc.
Nio unklar Nio ET7, ET5 etc.
SAIC 37,6% MG4 Electric, Cyberster etc.
Spotlight Automotive unklar Mini Cooper Electric
Tesla 20,8% Tesla Model 3

Wie zu sehen, sind auch europäische Marken betroffen. So gilt für Dongfeng, den Hersteller des Dacia Spring, und für BMW Brilliance, den Hersteller des BMW iX3, ein Strafzoll von knapp 21 Prozent. Derselbe Zusatzzoll gilt für das in Shanghai für Europa gebaute Tesla Model 3. Noch unklar bleibt, wie es sich mit dem von Spotlight Automotive (einem Joint Venture zwischen BMW und Grat Wall Motor) gebauten Mini Cooper Electric verhält. Das gleiche gilt für den Cupra Tavascan, der von Anhui Jianghuai Automobile gebaut wird sowie für Nio. 

MG4 Electric (2023) Comfort: Seitenansicht

Den MG4 Electric aus dem SAIC-Konzern gibt es bisher ab 34.990 Euro

Wie sich die zusätzlichen Zölle auf die Fahrzeugpreise auswirken, müssen wir abwarten. Tesla hatte auf seiner Website voraussichtlich höhere Preise für das Model 3 ab Juli angekündigt. Bisher hat das Unternehmen diese Drohung aber nicht wahrgemacht: Die Mittelklasselimousine gibt es unverändert ab 40.990 Euro. Nio und MG deuteten am Donnerstag an, dass sie ihre Preise erhöhen wollen, wie aus einem Reuters-Artikel hervorgeht. Dacia dagegen sagte, man werde die Preise für den gerade gelifteten Spring zunächst halten.

Chery und BYD haben bereits vor dem Zoll-Entschluss der EU neue Werke in Europa angekündigt, SAIC sucht noch nach einen europäischen Standort und auch Xpeng zieht eine europäische Produktion in Betracht. 

Noch sind die Zölle aber nicht in Stein gemeißelt. So müssen die endgültigen Zölle noch von den EU-Regierungen bestätigt werden. Auch betont die Europäische Kommission ihre Verhandlungsbereitschaft mit China. Dabei werden auch die Gegenmaßnahmen eine Rolle spielen, welche von der Volksrepublik angedroht werden. So ist die Einführung von Zöllen auf Autos aus westlichen Staaten mit großen Verbrennungsmotoren im Gespräch – was insbesondere die deutsche Autoindustrie treffen würde. Aber auch höhere Zölle für europäische Spirituosen oder für Schweinefleisch kommen offenbar in Betracht.

Tesla Model 3 in mit neuer Lackoption Quicksilver

Tesla Model 3: Trotz der Ankündigung von voraussichtlich höheren Preise nach wie vor ab 40.990 Euro zu haben


Wörtlich heißt es aus Brüssel:

Im Rahmen ihrer laufenden Untersuchung ist die Kommission vorläufig zu dem Schluss gekommen, dass die Wertschöpfungskette für batteriebetriebene Elektrofahrzeuge (BEV) in China von einer unlauteren Subventionierung profitiert, durch die den BEV-Herstellern in der EU eine wirtschaftliche Schädigung droht. Im Rahmen der Untersuchung wurden auch die wahrscheinlichen Folgen und Auswirkungen der Maßnahmen auf Einführer, Nutzer und Verbraucher von BEV in der EU geprüft.

Folglich hat die Kommission mit den chinesischen Behörden Kontakt aufgenommen, um diese Feststellungen zu erörtern und nach Möglichkeiten zu suchen, die festgestellten Probleme in einer WTO-konformen Weise zu lösen.

BYD Atto 3

Bas meistverkaufte Modell von BYD in Deutschland: Den Atto 3 gibt es derzeit noch ab 37.990 Euro

In diesem Zusammenhang hat die Kommission die Höhe der vorläufigen Ausgleichszölle, die sie auf die Einfuhren batteriebetriebener Elektrofahrzeuge (BEVs) aus China erheben würde, vorab bekannt gegeben. Sollten die Gespräche mit den chinesischen Behörden nicht zu einer wirksamen Lösung führen, würden diese vorläufigen Ausgleichszölle ab dem 4. Juli durch eine Sicherheitsleistung (in der vom Zoll in jedem Mitgliedstaat zu bestimmenden Form) eingeführt. Sie würden nur dann erhoben, wenn endgültige Zölle eingeführt werden.

Die individuellen Zölle, die die Kommission auf die drei chinesischen Hersteller in der Stichprobe anwenden würde, wären

- BYD: 17,4%;

- Geely: 20%; und

- SAIC: 38,1 %.

Für andere BEV-Hersteller in China, die an der Untersuchung mitarbeiteten, aber nicht in die Stichprobe einbezogen wurden, würde der folgende gewogene durchschnittliche Zoll gelten: 21 %.

Für alle anderen BEV-Hersteller in China, die nicht an der Untersuchung mitarbeiteten, würde der folgende Residualzoll gelten: 38,1 %.

Verfahren und nächste Schritte

Am 4. Oktober 2023 leitete die Kommission von Amts wegen eine Antisubventionsuntersuchung über die Einfuhren von batteriebetriebenen Elektrofahrzeugen für Personen mit Ursprung in China ein. Jede Untersuchung muss innerhalb von höchstens 13 Monaten nach ihrer Einleitung abgeschlossen werden. Vorläufige Ausgleichszölle können von der Kommission innerhalb von 9 Monaten nach der Einleitung veröffentlicht werden (d.h. bis spätestens 4. Juli). Endgültige Maßnahmen müssen innerhalb von 4 Monaten nach Einführung der vorläufigen Zölle eingeführt werden.

Auf einen begründeten Antrag hin kann einem BEV-Hersteller in China - Tesla - im Rahmen der endgültigen Maßnahmen ein individuell berechneter Zollsatz gewährt werden. Jedes andere in China produzierende Unternehmen, das nicht in die endgültige Stichprobe aufgenommen wurde und eine Untersuchung seiner besonderen Lage wünscht, kann unmittelbar nach Einführung der endgültigen Maßnahmen (d. h. 13 Monate nach der Einleitung) eine beschleunigte Überprüfung gemäß der Antisubventionsgrundverordnung beantragen. Die Frist für den Abschluss einer solchen Überprüfung beträgt 9 Monate.

Alle interessierten Parteien (einschließlich der Unionshersteller, der Einführer und Ausführer und ihrer repräsentativen Verbände, der chinesischen ausführenden Hersteller und ihrer repräsentativen Verbände sowie des Ursprungs- und/oder Ausfuhrlandes, d. h. China) und die EU-Mitgliedstaaten werden gemäß den in der EU-Antisubventionsgrundverordnung festgelegten Verfahren über die geplante Höhe der vorläufigen Zölle unterrichtet, bevor solche Maßnahmen eingeführt werden. Diese Informationen werden auch auf der Website der Kommission veröffentlicht.

Die in die Stichprobe einbezogenen Unternehmen wurden einzeln über ihre eigenen Berechnungen informiert und haben die Möglichkeit, sich zu deren Richtigkeit zu äußern. Sollten diese Stellungnahmen ausreichende Gegenbeweise liefern, kann die Kommission ihre Berechnung im Einklang mit dem EU-Recht revidieren.