MAN zeigt auf der IAA Transportation erstmals den eTGL, einen elektrisch angetriebenen 12-Tonner für den leichten Verteilerverkehr. Damit rundet der Laster-Spezialist seine Elektro-Palette nach unten ab.
Technische Basis für den MAN eTGL ist das 12-Tonnen-Modell mit Dieselantrieb; bei den elektrischen Komponenten bedient sich der Neuling aus dem gleichen Regal wie seine großen Brüder eTGS und eTGX. Die beiden im MAN-Werk Nürnberg produzierten Batteriepakete sind links und rechts am Rahmen montiert. Die Speicherkapazität von 160 kWh netto sorgt für bis zu 235 km Reichweite.
Aufgeladen wird über einen CCS-Anschluss mit bis zu 250 kW Ladeleistung bei 335 Ampere. Demnach handelt es sich um eine 800-Volt-Architektur, denn 250.000 Watt geteilt durch 335 Ampere sind 746 Volt. Jedenfalls soll man den Akku in rund 30 Minuten von 10 auf 80 Prozent bringen können – fürs Laden reicht also die vorgeschriebene Lenkpause von 45 min.
Bildergalerie: MAN eTGL
Für den Antrieb sorgt ein 210-kW-Elektromotor mit Zweigang-Getriebe, der zentral im Rahmen eingebaut wird. Die Kraft gelangt über eine Gelenkwelle an die Hinterachse. Der auf Wendigkeit in der Stadt ausgelegte Radstand von 4,50 Metern lässt sich mit Aufbaulängen von 6,20 bis 7,30 Meter kombinieren, wie sie für leichte Planenaufbauten und Trockenfrachtkoffer typisch sind. Je nach Aufbau bietet der eTGL bis zu 6,6 Tonnen Nutzlast.
Das Fahrerhaus bietet den gleichen Komfort wie das Dieselpendant. Der besonders
niedrige Einstieg erleichtert das Ein- und Aussteigen. Ein zentrales 12,3-Zoll-Display liefert neben den gängigen Fahrdaten auch Informationen zu Batterieladung, Reichweite, Stromverbrauch und Rekuperation.
Der Laster soll ideal für die urbane Warenlogistik für Lebensmittelketten, Einzelhändler oder die Gastronomie sein. Hier gebe es vergleichsweise geringe Reichweitenanforderungen und die Möglichkeit des Depotladens an den Logistikstandorten, so MAN. Zunehmende Lärm- und Emissionsrestriktionen für Verbrenner-Lkw in den Innenstädten kommen hinzu.
MAN eTGS Abrollkipper auf einer Baustelle
MAN eTGX: Elektrischer Schwerlaster beim Aufladen
Die großen Brüder eTGX und eTGS bieten Antriebe mit wahlweise 245, 330 oder 400 kW sowie drei, vier, fünf oder sechs modular kombinierbare und variabel positionierbare Batterien. Damit bieten die 18- bis 28-Tonnen-Fahrgestelle viel Flexibilität.
Auf der IAA präsentiert MAN erstmals auch ein Batterielayout mit einer siebten Hochvolt-Batterie für den MAN eTGX 6x2. Die siebte Batterie erhöht die Speicherkapazität auf 560 kWh netto (623 kWh brutto). Damit sollen je nach Fahrweise bis zu 650 Kilometer ohne Nachladen möglich sein. Alternativ kann man die zusätzliche Batteriepower für den Betrieb von Nebenaggregaten nutzen.
Bildergalerie: MAN eTGX (2024)
Der eTGX und eTGS werden für den kommenden Megawatt-Ladestandard MCS mit bis zu 1.000 kW Ladeleistung vorbereitet, was das Wiederaufladen innerhalb der Lenkzeitpause des Fahrers ermöglicht. Bis zu 800 Kilometer Tagesreichweite in der Konfiguration mit sechs Batterien sind so möglich. Das Interesse bei der Kundschaft ist groß: Rund 2.300 Bestellanfragen und Bestellungen liegen bereits vor, darunter zuletzt ein Großauftrag aus Frankreich mit 100 Fahrzeugen. Mit dem eTGL kann MAN nun ein komplettes Portfolio an Elektro-Trucks von zwölf bis 50 Tonnen anbieten.
Um auch die Ladeinfrastruktur voran zu bringen, engagiert sich MAN im Joint Venture Milence, das 1700 Megawatt-Charging-Ladepunkte in den nächsten Jahren plant. Für die kontinuierlich steigende Zahl an Elektro-Lkw werden jedoch 50.000 Ladepunkte bis 2030 benötigt, wie der Hersteller feststellt.
So will MAN im Rahmen einer Kooperation mit dem Energieversorger E.ON europaweit rund 170 Standorte mit circa 400 Ladepunkten für das öffentliche Laden von Elektro-Lkw aufbauen. Diese sollen entlang des bestehenden MAN-Servicenetzes entstehen, aber auch Nutzfahrzeugen anderer Hersteller zur Verfügung stehen. Allein in Deutschland sind rund 125 Standorte geplant, weitere Standorte soll es in Österreich, Großbritannien, Dänemark, Italien, Polen, Tschechien und Ungarn geben. Bereits in Betrieb sind zwei Ladepunkte am MAN-Service-Standort Berlin-Wildau, zwei weitere Standorte (Karlsfeld und Fürstenwalde) stehen kurz vor dem Start.
Bildergalerie: MAN hTGX (2024)
Als bislang einziger Lkw-Hersteller hat MAN mit dem hTGX zudem einen Laster mit Wasserstoff-Verbrennungsmotor in der Mache. Eine Kleinserie von 200 Stück soll 2025 auf den Markt kommen.
Der Fokus von MAN liege jedoch "klar auf der Elektromobilität", stellt Alexander Vlaskamp klar, der Chef von MAN Truck & Bus. "Der Wasserstoffverbrenner kann für Spezialanwendungen eine sinnvolle Ergänzung sein, wie auch der Brennstoffzellenantrieb, der derzeit aber noch in der Entwicklung ist."
Unter dem Strich
Mit eTGX, eTGS und dem neuen eTGL bietet MAN nun eine komplette Palette von Elektrolastern an, von 12 bis 50 Tonnen Gesamtgewicht. Nur den Transporter TGE (der baugleich mit dem VW Crafter ist) gibt es derzeit nicht mit Elektroantrieb.
Quelle: MAN